CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Robert Andrews - The host
(55:21, Cyclops, 2002)

In gut funktionierenden Familienbetrieben legt der Chef eben noch selbst Hand an. So sitzt bei Robert Andrews (Bass, Gitarre) zweitem Werk, welches im Gegensatz zum Debüt "An amnesty..." in einem Bandgefüge aufgenommen wurde, Cyclops Labelboss Malcolm Parker selbst am Schlagzeug. Zusammen mit David Groves an Gitarre, Gitarrensynthesizer und Keyboards vervollständigt er die dreiköpfige Band. Da man ja am besten mit großen, bekannten Namen wirbt, erinnert laut Beipackzettel die Gitarrenarbeit von Robert Andrews stellenweise an Steve Hackett, David Gilmour bzw. Robert Fripp. Kann also nichts mehr schief gehen oder? Teils, teils. Man kann den mehr bedächtigen, zurückgenommenen, aber mit viel Gefühl gespielten Saitenläufen von Robert Andrews auf jeden Fall einen Pluspunkt bezüglich Atmosphäre und innerer Ruhe attestieren. Er rast nicht einfach sinnentleert übers Griffbrett, sondern verleiht den Songs durch seine zurückhaltende Spielart ein gehöriges Maß an Wärme und Gehalt. Die vorhin angegebenen Vergleiche mit den großen Namen treffen durchaus in Teilaspekten zu und man könnte noch Andy Latimer hinzufügen. Zwar immer nur für bestimmte Passagen, aber doch recht gut werden die Vorbilder selbst interpretiert. Was nicht so gut geht, ist stellenweise die Langatmigkeit der einzelnen Lieder. Es zieht sich manches mal schon kaugummimäßig lange hin, bis ein Song in Fahrt kommt und so etwas wie ein Liedfluss entsteht. Doch beinhaltet "The host" gerade in den sperrigeren, experimentelleren Titeln, die man so in dieser Art eigentlich gar nicht bei einer Cyclops Veröffentlichung erwartet hätte, einiges an interessantem Spannungsaufbau und -verlauf. "The host" ordnet sich schmerzlos in die Kategorie "ordentlich, gut gemacht, aber mit Potenzial" ein. Wer auf instrumentale Gitarrenmusik in seiner ganzen progressiven Breite von Soundscapes bis hin zu elegischem Stil steht, kann hier ruhig mal ein Ohr riskieren.

Kristian Selm



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