CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)

Arcturus - The sham mirrors
(43:20, Prophecy Productions, 2002)

Wenn ich mir die Biografie von Arcturus so durchlese, scheint es sich hier wieder mal zu lohnen, eine Band aus dem Randbereichs des Metaluniversums näher zu betrachten. Nun ist natürlich den salbungsvollen Worten der Plattenfirma erst einmal mit Skepsis zu begegnen, wenn dort das zweite, 1997 erschienene Album der Band namens "La Masquerade Infernale" als "theatralisch, avantgardistisch und progressiv, ein gesangliches wie musikalisches Unikat" abgefeiert wird. Ganz logisch natürlich, dass "The sham mirrors" noch einen drauf setzt "und weist Arcturus ihren natürlichen Weg in die Zukunft - den Weg zu den Sternen." Ja, aber hallo, wo bleibt denn da die realistische Bodenhaftung?! Nichtsdestotrotz ist es dann doch ganz erstaunlich, dass die Band aus Norwegen mit ihrem aktuellen Album auch aus Sicht des Kritikers etwas wirklich sehr Interessantes und durchaus Beachtenswertes abgeliefert hat. Das finale Endresultat von "The sham mirrors" wirft mit musikalischen Phrasen aus Melodie, Bombast und Härte in sehr eigenwilliger Verquickung um sich, die einen unzweifelhaften Reiz ausüben. Zuerst ist da der monumentale Breitwandsound mit orchestralem Keyboard- und Pianoklängen und einigen Chorgesängen, die dem sinfonischen Anstrich schon fast wagnerische Dimensionen verleihen. Der eigentliche Reiz liegt aber darin, dass brettharte Gitarrenriffs, sowie ab und zu auch mal knüppelndes Schlagzeug für Härte und Wucht sorgen, während leichte Wave- und Klassiktendenzen die düstere, bisweilen sogar ruhigere Note beisteuern. So gehen Tempo und Atmosphäre eine teuflische Mischung ein, die sicherlich manchen vom Härtegrad abschrecken wird, aber gerade durch die orchestrale Note auch progressives Potenzial erkennen lässt. Zudem klingt der Sänger von der Tonlage des öfteren Shadow Gallery Frontmann Mike Baker nicht unähnlich. Arcturus nehmen keine Gefangenen, sie brettern gnadenlos über ihre Gegner bzw. Hörer hinweg. Wer sich nicht mitreißen lassen möchte, wird überrollt, mit etwas Durchhaltekraft bekommt man aber ein wunderbares Walhalla-Metal-Gewitter um die Ohren geblasen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2002