CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)
Marillion - Anorak in the UK Live
(70:26, EMI, 2002)
Welchen emotionalen Stellenwert Marillion im Jahre 14 nach dem Split mit Fish immer noch haben, beweisen u.a. die Resultate unserer Jahresbefragung aus dem letzten Heft. Doch will ich mich hier keineswegs an der wohl nie endenden Diskussion beteiligen, sondern versuche mich ganz sachlich dem neuen Output, einer Live CD zu widmen, die in England im Rahmen der letztjährigen "Anoraknophobia" Tour mitgeschnitten wurde. Dabei komme ich jedoch nicht umhin, EMI eine sehr gemeine Veröffentlichungspolitik vorzuwerfen. Denn neben der "normalen" Einfach CD, gibt es zudem noch eine nur direkt über die Band zu beziehende Doppel CD von der angesprochenen Tour. So weit ja noch nicht so schlimm, doch dummerweise gibt es nur auf der EMI CD den All-Time Favoriten "Easter", da EMI die Band um einen exklusiven Titel bat, weswegen der richtige Fan fast nicht umhin kommt, sich beide CD Veröffentlichungen zuzulegen. Eine keineswegs gelungene Aktion, die doch stark nach Fanabzocke riecht. Abseits dieser weniger schönen Nebengeschichte, bietet "Anorak in the UK Live" jedoch ein recht gutes musikalisches Statement der derzeitigen Marillion Mannschaft. Neben fünf Titeln vom aktuellen Album, die live wesentlich druckvoller als im Studio daherkommen, wird natürlich auch auf die eigene Vergangenheit zurückgegriffen. Zwei sehr emotionale Version von "Out of this world" und "The great escape" stecken voll großer Gefühle und haben eine unglaubliche Tiefe. Dazu noch das inzwischen zum Liveklassiker aufgestiegene "King", sowie das schon vorher angesprochene "Easter". Als kleine Überraschung kommt auch "Waiting to happen" vom "Holidays in Eden" Album zu Ehren, einen Titel, der nicht gerade zu den Live Standards gehört. Klar kann man über die Auswahl der Titel diskutieren und anmerken, warum "Mad" vom "Brave" Album nur auf der bandeigenen Doppel CD zu finden ist, doch bietet "Anorak in the UK" eine schöne Mischung aus rockigen und ruhigeren Titeln, schafft den Brückenschlag zwischen der eigenen Vergangenheit mit Steve Hogarth und modernen Sounds. Sollten Marillion auf diesem Niveau bleiben, dann sind sie als Liveband wieder ein Garant, was in der Vergangenheit zwischenzeitlich nicht immer der Fall war.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002