CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)
Hostsonaten - Springsong
(45:03, Sublime, 2002)
So einfach kann man den Proggies eine Freude machen: man nehme ein aufklappbares Digipack aus weißen Karton, stopfe in die eine Seite ein paar schön anzuschauende Pappkartons äquivalent und in Bezug zu der Anzahl der auf dem Album vertretenen Lieder, in die andere Seite kommt die CD, die sich zudem noch in einem weißen Pappschuber befindet, verknüpfe Inhalt und Musik mit einem ansprechenden Konzept (in diesem Fall ganz generell dem Frühling) und brenne auf CD eine wunderbare instrumentale Mischung aus Folk, Progressive Rock und italienischer Lebensfreude. Punktum: alles zusammen ergibt dies die neue CD von Hostsonaten, die unter der Rubrik "gebt den Proggies, was sie wollen", alles richtig macht. Na ja, ganz so sarkastisch sollte die Einleitung zu dieser CD nun doch nicht klingen, denn ohne Zynismus handelt es sich bei "Springsong" um eine wirklich ausgezeichnete CD, die sich zudem noch in einer aufwendigen, sehr geschmackvollen Verpackung befindet, die an alte LP Foldout Zeiten erinnert. Somit die Höchstnote in bezug auf die künstlerische Note. Doch auch musikalisch wirkt das, was hier Fabio Zuffanti beim dritten Album von Hostsonaten auf die Beine gestellt hat, keineswegs konstruiert oder nur angepasst auf Erfolg hingetrimmt, sondern ehrlich und voller Hingabe. Sein am meisten geliebtes Nebenprojekt hat inzwischen die Qualität von seiner ursprünglichen Band Finisterre übertroffen, die nach starken Beginn, inzwischen doch leider nur noch etwas orientierungslos musizieren. Zwar dieses mal ohne Gesang, dafür aber mit jeder Menge aktueller und ehemaliger Mitglieder von Finisterre (Stefano Marelli, Agostino Macor, Boris Valle, Francesca Biagini), sowie unter Zurhilfenahme einiger sehr talentierter Gastmusiker, ist "Springsong" zwar nur 45 Minuten lang, doch dafür ist in der gesamten Lauflänge keine Sekunde verschenkt oder überflüssig. Von Anfang an wird der Hörer auf eine wunderbare musikalische Reise voller Harmonie, wechselnder Gefühle und traumhaft schöner Melodien mitgenommen. Geschickt werden folkloristische, sehr ruhig Titel - verfeinert durch klassische Beigaben mit Streich- und Blasinstrumenten und teilweise mit keltischem Einschlag - durch sorgsam arrangierten, sinfonischen Progressive Rock mit mediterranem, leicht melancholischem Italo Feeling abgelöst. Ist das Album zu Beginn noch von akustischen Instrumenten bestimmt, so gibt es im weiteren Verlauf der CD immer mehr elektronische Beigaben in Form von Gitarre und Keyboards (u.a. mit typischen 70er Sound, wie Mellotron), bis alles im dreiteiligen, über 13 Minuten langen Schlusstrack "Toward the sea" gipfelt. Doch ganz gibt das akustische Instrumentarium seine Führungsrolle nie aus der Hand. Raffiniert werden auch kleinere Jazz Rock Schlenker mit der Leichtigkeit des Frühlings eingebaut. Und auch wenn man an manchen Stellen den Gesang vermisst, so sind die Arrangements doch so voller Fülle und Gehalt, dass das Fehlen einer Stimme einem gar nicht weiter negativ auffällt. Mal übernimmt die weinerliche Gitarre die Melodieführung, mal umspielt ein Saxophon oder auch eine Violine die Leitlinie. "Springsong" - ein Album voll Schönheit und Anmut, dass mehr als nur der passende Soundtrack für diesen Frühling ist. Man wünscht sich vielmehr, dass der Frühling ewig dauert, um diesem wunderbaren Werk noch länger zuhören zu können.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002