CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)
Ken Hensley - Running blind
(53:59, Mystic Records, 2002)
Ken Hensley - A glimpse of glory
(60:47, Mystic Records, 2001)
Es mutet auf den ersten Blick etwas eigenartig an, wenn sich Ken Hensley auf Cover und im Booklet seiner neuen Solo CD als düsterer Gitarrenrocker mit Gitarre präsentiert, erlangte er doch in den frühen 70ern vor allem als Keyboarder, Sänger und Songwriter bei Uriah Heep (u.a. "Lady in black", "July morning", "The wizard") nicht unwesentlichen Ruhm. Doch mittlerweile greift er neben den Tasten, auch gerne mal in die Saiten und lässt dazu auch sein kräftiges Organ schmettern. "Running blind" ist das mittlerweile 42.Album des Engländers, der gerade zu Beginn der Karriere von Uriah Heep ihn ihren typischen orgellastigen Keyboardsound verpasste. Hört man sich durch die 14 Kompositionen seines aktuellen Albums, so hat man bisweilen den Eindruck, dass sich für ihn musikalisch seit dem (fast) nicht verändert hat. Neben instrumentalen, leicht klassisch angehauchten Stücken, gibt es auch jede Menge klassische Rocknummern - schnörkellos, geradeaus, aber meist dennoch überzeugend dargeboten, sowie ruhiges Material. Tatkräftige Unterstützung bekommt Hensley dabei von einigen namhaften Freunden und Künstlern. So zupft John Wetton bei einigen Songs den Bass und sorgt so schon mal fürs Altenteil vor, ebenfalls zu hören sind u.a. Steve Christey (Jadis) und Dave Wagstaffe (Landmarq) am Schlagzeug, sowie Dave Kilminster (John Wetton Band, Qango, John Young) an der Gitarre und Andy Pyle (u.a. Blodwyn Pig, The Kinks, Wishbone Ash, Chicken Shack) am Bass. Doch leider gelingt es Hensley nicht, über die gesamte Lauflänge der CD seinen Liedern die gleiche Qualität abzuringen. So folgt eher belanglosem "Lalala" (z.B. in "Finney's tale) eine wunderbar schmalzige Ballade ("I close my eyes") und die Kraft manch rockiger Idee verpufft ins Leere, wie er auch, trotz einiger Uriah Heep Vergleiche, mit seinem aktuellen Material natürlich weit von den alten Klassikern entfernt ist. Dennoch ist diese deutlich auf die 70er ausgerichtete Scheibe über weite Strecken eine durchaus nette, unaufdringliche Rock Angelegenheit, die neben dem deutlichen Nostalgiefaktor, vor allem auf Melodie und griffige Hooks baut. Zuzätzlich hat Ken Hensley noch das mehr persönliche Album "A glimpse of glory" hinterhergelegt, welches sich mit Kens eigenem Glauben beschäftigt. Auch wenn die CD unmissverständlich religiös ausgerichtet ist, so ist sie dennoch weit davon entfernt nur zu predigen bzw. den Hörer offensiv von der christlichen Glaubensrichtung zu überzeugen. Überraschend rockig, aber auch äußerst zugänglich, musikalisch banal, inhaltlich positiv ausgerichtet, sind die zwischen 1999 und 2001 aufgenommenen 15 Titel eindeutig mehr auf die Textaussage ausgerichtet. Die Musik ist somit nur schmückendes, nettes Beiwerk, was auch die eher einfach gehaltenen Arrangements erklärt. Um ein größeres Publikum für diese persönliche Sichtweise von Ken Hensley zu gewinnen, soll das Album zu einem verbilligten Spezialpreis verkauft werden. Ob's hilft?
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002