CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)

Electrum - Standard deviation
(46:23, Net Dot Music, 2002)

Über zwei Mails in der Rush Mailing List "The National Midnight Star" kamen Electrum 1996 zusammen. So fanden sich über einige Umwege letztendlich drei Musiker - Bassist Gino Foti, Schlagzeuger Joe Musmanno, Gitarrist Dave Kulju - deren gemeinsame Experimentierfreudigkeit und Vorliebe an instrumentaler Musik mit ungeraden Takten und unorthodoxer Betrachtungen sie von Anfang an verband. "Standard deviation" ist nach dem 98er Werk "Frames of mind", das zweite Album der Band aus Michigan. Natürlich kommt einem bei einer Power Trio Besetzung und der logischen Verbindung zur Rush Mailing List als erster Vergleich der Dreier aus Toronto in den Sinn. Und ganz so falsch liegt man dabei nicht, auch wenn sich bei Electrum logischerweise nur Inspirationen wiederspiegeln, die Band eine ganz eigene Identität verfolgt. Durch die Hinzunahme von Keyboards und MIDI Pedals kommt der gehörige Schub an instrumentaler Tiefe und Vielschichtigkeit dazu, der bei Electrum aus Versatzstücken aus melodischem Progressive Rock, klassischen Einflüssen, sowie leichtem Jazz Rock Einschlag besteht. Es gibt fast keine Frickelorgien, sondern die drei Amerikaner stellen vielmehr den Song, das homogene Zusammenspiel in den Vordergrund, der Bandgedanke ist das übergeordnete Element, der somit die Einzelleistung in den Hintergrund drängt. Dadurch gerät "Standard deviation" aber keinesfalls zu einem langweiligen Instrumentalalbum ohne Esprit, denn die Instrumentalisten lassen bei Gelegenheit durchaus ihr Können aufblitzen, lassen es auch mal krachen, wobei diese Art seine Musik zu präsentieren, dem Album sichtlich gut tut. Doch trotz der gelungenen Mischung aus Rock, Härte, Virtuosität auf der einen, sowie sinfonischen Elementen, Melodik, Songdienlichkeit auf der anderen Seite fehlt den Songs der letzte Pfiff, der zündende Gedanke. Das Album ist bestens produziert, die Lieder fließen souverän voran, aber Wiedererkennungsmomente graben sich wegen der unterschwellig unspektakulären Spielweise nur spärlich in die Gedanken ein. Wer auf souverän gespielten Instrumental Progressive Rock steht, sollte aber auf jeden Fall bei Electrum ein Ohr riskieren, denn diese Band hat vom Können her einiges auf dem Kasten.

Kristian Selm



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