CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)

Satyr - U.B. Axe
(47:21, Bosolum Music, 2001)

Was viele anstreben, der Leipziger Band Satyr gelingtīs! Nämlich eine absolut eigenständige, unverwechselbare Note in den ganzen progressiven Kosmos zu bringen. Doch der Reihe nach: Bei Satyr handelt es sich im wesentlichen um das Bandprojekt von Pierre Bosolum. Dieser schreibt sämtliche Texte und die Musik, sorgt für Produktion, Vertrieb und Coverdesign, singt und bedient laut Hüllentext neben Gitarre und Piano u.a. auch noch das/den (?) Xoxpeso (keine Ahnung, was das ist!). Mit "U.B. Axe" legen Satyr erst die zweite CD nach der im Stil ähnlichen "Powwow" (1997) vor. Auf "U.B. Axe" erwartet den aufgeschlossenen Hörer ein Feuerwerk unterschiedlichster Stile und Einflüsse aus Folk, Klassik, Ethno, Metal, Progressive Rock und Avantgarde. Der erste Titel "Maundy Thursday" beispielsweise beginnt mit einem auf einer Djembe getrommelten Rhythmus, dann setzt eine arabisch klingende Cello-Figur ein, die mit den Trommeln einen hypnotischen Groove schafft, es folgt ein düster-dramatischer Satzgesang, das Piano umspielt die Gesangsstimmen, plötzlich sorgt ein lyrisches Streicher-Intermezzo für kurzzeitige Entspannung, bevor der Orient-Express wieder anrollt. Andere Bands als Vergleich zu benennen fällt schwer, zumal Stimmungen auch mitten im Song wechseln, etwa vom ruppigen Stakkato zum weichen Streichersound und wieder retour. So klingtīs etwa mal eher harmonisch nach Renaissance oder Ougenweide, dann wieder ziemlich abgedreht nach Gentle Giant oder Univers Zero. Hinzu kommt, dass neben Englisch auch schon mal in Latein bzw. Kolumbianisch (!) gesungen wird. Dass die ganze Chose trotz geschilderter Stilvielfalt nicht beliebig, sondern wie aus einem Guss daherkommt, ist einigen markanten, verbindenden Elementen geschuldet: den oft sehr akustischen, mitunter kammermusikalischen Arrangements (v.a. von Piano und Cello), den Ethno-Elementen, den Satzgesängen von Bosolum samt den 2 Sängerinnen, den hypnotischen Rhythmen sowie vor allem den sehr surrealistisch anmutenden Texten. Oder wie soll man es nennen, wenn in einem Song wie "Caravan" nacheinander von Kreuzrittern, chinesischen Badmintonspielerinnen, bemannten Marsmissionen und Buchstabensuppe die Rede ist? Ich glaube, hier haben auch abgebrühte Magmahörer noch etwas zu knabbern. Für die notwendige Bodenhaftung sorgen dabei groovende Rhythmen sowie ein Gespür für fesselnde, spannungsreiche Melodien, oft mit einer etwas melancholisch-düsteren Note. Der einzige Wermutstropfen ist, dass gegen Ende der CD ein wenig die Spannung draußen ist und es musikalisch etwas platt klingt. Vielleicht ist der Effekt aber auch gewollt, zumal es mitunter schon recht mystisch abgeht.

Gerald Matuschek



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