CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)
Psiglo - Ideación + II
(72:06, Sonodor, 1973/74)
Psiglo aus Uruguay haben in ihrem Heimatland Rockgeschichte geschrieben, wenngleich sie international weitgehend unbekannt geblieben sind. Die Gruppe gilt als wichtigster Vertreter des 70er Jahre Artrock in Uruguay, aber ihre lokale Bedeutung erreichte sie vor allem durch ihre Songtexte, die sich kritisch mit den politischen und sozialen Verhältnissen im Land auseinander setzten (in der zweiten Hälfte der 70er Jahre herrschte eine Diktatur in dem südamerikanischen Land). Gegründet 1971, bestand die Band in ihrer besten Zeit aus Luis Cesio (g), Cesar Rechac (b), Ruben Melogno (v), Jorge Garcia (k) und Gonzalo Ferrugia (d). Am bekanntesten dürfte noch Gonzalo Ferrugia sein, der später der argentinischen Gruppe Crucis angehörte. Das erste Album "Ideación" erschien 1973, der Nachfolger, einfach nur als "II" betitelt, wurde ein Jahr später aufgenommen. Ein Veröffentlichung fand jedoch nicht mehr statt, denn das Album fiel der Zensur zum Opfer. 1980 erschien es in einer Auflage von nur 200 Exemplaren, ehe jetzt Record Runner beide Alben auf eine CD gepresst hat. Der erste Höreindruck ist enttäuschend. "Ideación" besteht aus sieben Stücken, von denen keines länger als 5 Minuten dauert. Langweiliger 70er Rock, die Melodien bleiben nicht haften, die Musik mit ihren einfachen Strukturen wirkt nicht zwingend genug. Erschwerend kommt hinzu, dass Melogno bei den ausschließlich in Spanisch gehaltenen Vocals nicht jeden Ton sauber trifft. Einzig "Vuela a mi galaxia" und das ruhige "No pregunten porqué" können mit schönen Melodien gefallen. Wesentlich spannender ist da schon der Nachfolger "II". Die ersten, kürzeren Stücke sind wesentlich besser auf den Punkt gebracht, teilweise werden angenehme Erinnerungen an die ersten Uriah Heep-Veröffentlichungen geweckt. Die Texte sind nun wirklich sehr eindeutig. Eine Kostprobe gefällig? In "Heroe de Papel" heißt der Text übersetzt: "Sie klagten ihn des Verrats an einem bestimmten Land und einer bestimmten Ehre an - sie verheimlichten, dass er für seine Klasse und seine Ehre mit seinem Leben kämpfte". Solche Zeilen reichten damals für ein Verbot des Albums schon aus. Am Ende folgen dann die beiden besten Stücke, die Longtracks "El Juglar y yo" und "Gil 1038", die als einzige die Bezeichnung Artrock auch verdienen. Beide erinnern stark an Crucis, besonders wegen den langen Soloausflügen von Jorge Garcia und Luis Cesio. Insgesamt aber ist das dann doch zu wenig, wer sich von den PNL-Lesern nicht gerade als Hobby mit der jüngeren Geschichte Uruguays beschäftigt, dem drängen sich die gesammelten Werke von Psiglo nicht auf.
Meinhard Foethke
© Progressive Newsletter 2002