CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)

Popol Vuh - Future sound experience
(68:14, Mystic Records, 2001)

Das Leben ist manchmal voll eigenartiger Zufälle. Durch die Filme von Werner Herzog (z.B. "Nosferatu", "Cobra Verde" oder "Aguirre" jeweils mit dem kongenial wahnsinnigen Klaus Kinski in der Hauptrolle) auf die Musik von Popol Vuh aufmerksam gemacht, habe ich mir einige dieser sehr atmosphärischen Soundtracks zur Horizonterweiterung angehört. Dann ein paar Wochen später, genau am 29.12., die Nachricht, dass Florian Fricke, der geistige Kopf hinter Popol Vuh gestorben ist, wieder ein paar Wochen trudelt bei mir das Album "Future sound experience" von Popul Vuh ein und dann läuft auch noch "Aguirre" im Nachprogramm. Alles nur Zufall? Dennoch werde ich aus der im wahrsten Sinne des Wortes letzten Veröffentlichung von Popol Vuh nicht so ganz schlau. "Future sound experience" wurde bereits 1993 aufgenommen, diese Neuauflage wurde neben dem Remastering noch durch neue inhaltliche Verbindungen ergänzt, um aus der Musik einen einheitlichen Fluss entstehen zu lassen. Jedoch kommt mir das Gehörte, trotz recht rudimentärer Kenntnis des über 30 Album starken Backkatalogs von Popol Vuh, in einigen Ansätzen sehr bekannt vor. Und richtig, beim Vergleich mit den Werner Herzog Soundtracks wird einiges klarer: Beim Opener "Gutes Land" handelt es sich eine Neuinterpretation von "Aguirre I", welches vielerlei Elemente wiederkehren lässt. Ob nun der Rest auch neu arrangierte Resteverwertung ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Abgesehen davon ist auch "Future sound experience" wieder eine Gratwanderung zwischen Elektronik, New Age, World Music und sphärischem Krautrock. Die ausgedehnten, fast verschwenderisch langen Klangwelten, leben von der Atmosphäre, der minimalen Weiterentwicklung, der nuancenhaften Veränderung. Nicht umsonst fanden diese Klangreisen als Soundtrack ihre Verwendung. Beim Schließen der Augen läuft vor dem inneren Auge ein Film voller Mystik und naturverbundener Schönheit ab. Immer wieder schälen sich einige Gitarrenakkorde, fremdartig wirkende, World Music-artige Klänge aus fremden Kulturen mal fast schon disharmonisch, mal äußerst melodisch aus dem Soundgeblubber heraus, verleihen der Musik ein "Nicht-von-dieser-Welt" Gefühl. Musik, auf die man sich einlassen muss oder in der man hilflos verloren nach Halt sucht.

Kristian Selm



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