CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)
Missus Beastly - Missus Beastly
(37:02, Garden Of Delights 1970)
Missus Beastly waren eine der ersten deutschen Undergroundbands, deren Live-Auftritte in dem Sinne keine Konzert mit fest vorgelegter Struktur oder Songabfolge waren, sondern wo einfach munter drauf los musizierte wurde, was bisweilen in einem zwei- bis dreistündigen Happening endete. Um so schwieriger ist es natürlich, solch völlige freie Musik im Studio einzufangen. Und so entstand auf dem 1970er Debüt, aus der eigenen Unentschlossenheit nicht zu wissen, was man aufnehmen sollte, eine sehr eigenartige Mischung aus kurzen hammondgetränkten Bluesstücken und jazzgefärbten Improvisationen, die Missus Beastly niemals wieder live spielten und psychedelischem Material. Und so repräsentiert ein Grossteil des Albums gar nicht die Musik, für die die Band eigentlich auf ihren Liveauftritten berühmt war. Diese eigene Unentschlossenheit und Zerrissenheit spiegelt sich dann auch schon fast logisch auf den sieben Stücken der ursprünglichen LP wieder. Man kann und wollte sich eigentlich nicht so recht von durchgängiges Konzept entscheiden. Mal haben Missus Beastly ganz einfach den Blues, mal fallen ihnen einfach durchgeknallte Ideen mit in das Chaos hineingeschrieenen Wortfetzen ein. Dennoch bleibt unbestreitbar, dass musikalisch dieses Album seine Qualitäten besitzt, denn die ausschweifenden Soloteile leben von der Energie, der Seele der Musiker. Auch wenn die Band zu den Aufnahmen der LP bereits schon tief im Psychedelic Sumpf versunken war, so sind es vor allem die energetischen Blues Stücke, die im Zwiegespräch von Orgel und Gitarre, offenbaren, dass man sich auch ganz einfach am Bluesschema entlang hangeln konnte, ohne irgendwie langweilig zu wirken. Ein interessantes Zeitzeugnis früher deutscher Undergroundmusik.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002