CD Kritik Progressive Newsletter Nr.39 (03/2002)

Helden Rune - The wisdom through the fear
(62:26, Black Widow, 2001)

An dieser Stelle zitiere ich frisch, fromm, fröhlich, frei aus dem Katalog der Plattenfirma: "ein dunkles Projekt, großartige dekadente Atmosphäre, erinnert entfernt an Joy Division, Lacrimosa und Ultravox, Gothic and Romantic!" Jau, und fast genauso klingt dieses Album auch in echt. Helden Rune ist ein Nebenprojekt einiger Künstler, die bei Black Widow unter Vertrag stehen, allen voran Mercy, der eindringliche Sänger und Programmator von Malombra, die weiter hinten im Heft auch noch mit ihren aktuellen Werk vorgestellt werden. Die insgesamt fünfzehn Titel haben von der Ausstrahlung eines gemeinsam: sie versprühen eine recht dunkle, geradezu triste Endzeitstimmung, passende Musik also zur trüben Jahreszeit und für alle weißgeschminkten Schwarzklamottenträger. Helden Rune erschaffen ihre beeindrückende, packende Atmosphäre auf zwei Weisen. Auf der einen Seite stehen sehr spartanische Arrangements, die mit klassischer Untermalung so etwas wie noch ansatzweise Wärme und Gefühl erzeugen. Auf der anderen Seite gibt es wavige Gothic / Prog Stücke, die mit synthetischer Kälte, Distanz und Hoffnungslosigkeit musikalisch spürbar machen. Die rhythmische Untermalung aus der Steckdose wird jedoch nicht als alleiniger Unheilsbringer eingesetzt, Tony Tears (garantiert ein Künstlername) an der Gitarre setzt kantige und harte Kontrastpunkte. Doch trotz gedämpfter, trauriger Klangwelten, scheint stellenweise auch Hoffnung durch. Die Melodien aus Moll haben trotz aller Widersprüche auch so etwas wie eine anziehende Schönheit. Das traurige, leicht opernhafte Organ von Mercy macht aus diesem Album, so etwas wie den Nachtgesang aller Vampire. Unsterblich, dennoch allein, aber doch irgendwie schön und faszinierend.

Kristian Selm



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