CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Michelle Young - Marked for madness
(61:40, Naosha Records, 2001)
Bei Michelle Youngs zweitem Soloalbum wurde mit Namen richtig schön geklotzt. So werkeln neben Produzenten und Mr.Ich-bin-auf-jeder-Prog-Produktion-mit-dabei Clive Nolan, auch noch Peter Banks (ex-Yes), Stan Whitaker (Happy The Man), Doanne Perry (Jethro Tull), Karl Groom (Threshold) und Peter Gee (Pendragon) mit, die aber außer Herrn Nolan, leider viel zu selten ihr Können zeigen dürfen. Zudem säuselt leider nur für ein paar Takte Totos Wiederfrontmann Bobby Kimball mit. Jede Menge hochkarätiges Potenzial also, dazu noch die variationsreiche und angenehme Stimme der amerikanischen Sängerin, die zuletzt bei den Projekten Rudy's Journey und Leonardo mit Michael Sadler (Saga) bzw. Steve Walsh (Kansas) wunderbare Duette ablieferte. Eigentlich kann da nichts schief gehen. Und so beginnt "Marked for madness" mit dem über 6½ -minütigen Titelsong gleich richtig vielversprechend: nach leisem Piano-Gesang Beginn steigert sich der Track in ein bombastisch-sinfonisches Finale. Doch leider fällt danach die Musik in ein emotionales Loch, da sie sich zu sehr auf den Gesang, der oftmals an Kate Bush erinnernden Frontfrau, konzentriert, die begleitende Musik aber zu sparsam, zu sorglos, eine Spur zu pathetisch im Hintergrund verdrängt. Den cineastischen Effekten, soundtrackartigen Sounds und dem klassischen Touch fehlt die rechte Magie im Gleichgewicht zur glasklaren Stimme Michelle Youngs. Auch im weiteren Verlauf der CD zeigen die Kompositionen dann ihre wahre Stärke, wenn sich die Mitmusiker mal etwas mehr in den Vordergrund spielen dürfen und nicht nur als atmosphärisches Beiwerk Soundwälle aufbauen. Und so sind es auch die längeren, abwechslungsreicheren, teils auch härteren Tracks wie "Dancing on the head of a pin" oder "Melissa's demise" die dem Album Power und Stärke verleihen. Ansonsten bietet "Marked for madness" sehr verträumtes Material für besinnliche Stunden, dem trotz ansprechender Melodien und sinfonischer Eleganz etwas der rechte Glanz fehlt. Mag sein, dass ich hier falsch liege, da sich die Kritiken in anderen Gazetten vor Begeisterung geradezu überschlagen, aber trotz guter Produktion und Musiker, sowie einer emotional aufrüttelnden Stimme, fehlt es Michelle Youngs Kompositionen an etwas, um auf diesem ordentlichen bis guten Album, eine sehr gute Produktion zu machen. Nichtsdestotrotz ein schönes Album, dass vor allem ein breiteres Publikum anspricht.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001