CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Traumhaus - Traumhaus
(60:14, Angular Records, 2001)
Endlich hat mal wieder seit langer Zeit eine Band aus Deutschland den Mut, sich daran zu wagen in der eigenen Muttersprache zu singen. Doch damit nicht genug, das Quartett aus Limburg spielt dazu auch noch eine recht souveräne Mischung aus gut durchdachtem Rock mit jeder Menge Elemente aus Art Rock, Neo Prog und auch härteren, teils Prog Metal-artigen Elementen. Das Ganze wurde dann auch noch in eine optische ansprechende Verpackung gesteckt, was somit den ersten, sehr positiven Gesamteindruck noch verstärkt. Doch gerade Texte und Musik verdienen selbstverständlich einer genaueren Betrachtung. Was von Beginn auffällt, ist eine gewisse Art von Lässigkeit, mit denen Traumhaus an den Start gehen. Ihre Lieder wollen nicht partout mit Komplexität glänzen und als Plattform des eigenen Könnens dienen, vielmehr gelingt es den vier Hessen den Liedern eine innere Struktur ohne holprige Übergänge, mit einem natürlichen Liedfluss zu verpassen. Dennoch sind Traumhaus weit davon entfernt, lediglich langweilige Einheitskost ohne Esprit durch den Äther zu jagen. Zwar gibt es mit "Aufwärts" oder "Zu spät" auch mehr rockigere, straightere Abgeh-Nummern, mit jeder Menge eingängigen Parts. Doch als Kontrast dazu stehen z.B. das über 17-minütige, sinfonisch vielschichtige "Ausgeliefert", welches von sexuellen Missbrauch handelt oder das Instrumental "Peter & der Wolf", wo auch mal selbstironisch das "James Bond Theme" zitiert wird. Weiteres Markenzeichen ist der hohe Melodieanteil, der den Zugang zu dieser Scheibe von Anfang an recht einfach gestaltet. Gerade, da es sich um deutsche Texte handelt, wird man hier mehr aufgefordert, ihnen zu folgen, ist vielleicht auch eine Spur kritischer, wobei Traumhaus über weite Strecken das schwierige Unterfangen gelingt, nicht platte, sondern interessante Texte abzuliefern. Nun gut, Textzeilen wie "Es ist zu spät und keiner weiß, wie's weiter geht" sind nicht der Weisheit letzter Schluss, aber manch Banalität englischer Texte überhört man sonst auch ganz selbstverständlich. Musikalisch stehen vor allem die Keyboards mit verschiedenen Sounds im Vordergrund, die relativ harte Gitarrenparts setzen dagegen einen insgesamt immer noch harmonischen Gegenpart. Manchmal werden zwar in den Instrumentalparts bestimmte Passagen nach meinem Geschmack zu oft wiederholt, doch die innere Spannung bleibt über weite Strecken dennoch bestehen. Der schon öfters erwähnte Vergleich mit Anyone's Daughter ist etwas irreführend, denn abgesehen von der Sprache, gehen Traumhaus musikalisch doch einen anderen, härteren, weniger sinfonischen Weg. Nichtsdestotrotz eine solide, ansehnliche Produktion, die Hoffnung für die Zukunft und vielleicht auch wieder den vermehrten Einsatz der deutschen Sprache macht.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001