CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Devin Townsend - Terria
(72:01, InsideOut, 2001)
Metal ist eben nicht gleich Metal, vor allem wenn bei der Umsetzung die Vokabeln modern und progressiv fallen. Der kanadische Ausnahmegitarrist Devin Townsend verbindet auf seinem vierten Soloalbum "Terria" Brachialsounds, gelegentlichen Grunzgesang, sinfonische Eleganz mit bestechend düsterer Atmosphäre. Versatzstücke aus Metal, Rock und Prog verschmelzen so zu einem ganz eigenen, sehr wuchtigen Soundgewitter voll Aggressivität und Melancholie auf der einen, hymnische Melodien auf der anderen Seite. Trotz der Möglichkeit sich als Schnellfinger zu profilieren, was Townsend auf anderen Veröffentlichungen bereits hinlänglich bewiesen hat, setzt er bei "Terria" nicht auf Technik, sondern auf Songstruktur und vor allem sehr voluminösen, überaus kraftvollen Metal Bombast. Orchestrale Elemente aus der Verbindung Keyboards, Gitarre und Samples blasen durch den Lautsprecher, eine überdrehte Gesangspalette, die vom kreischend-durchgeknallten Stil à la Marilyn Manson bis hin zur Rockröhre reicht - all dies fulminant vereint verdient wirklich den Namen Prog Metal - allein schon deswegen, weil es neu und einzigartig klingt und nicht nur wieder nur aus den zu oft gehörten sinnlosen Breaks und hirnlosen Technikgefrickel besteht. Townsends Musik wirkt und klingt über weite Strecken extrem heftig, findet aber dennoch immer wieder Momente der Besinnung und Ruhe, jedoch ist dieses Album definitiv nichts für Liebhaber von nur schönen Melodien und Klängen. Dennoch verfügt "Terria" über jede Menge Ausstrahlung und Faszination, Townsend nimmt sich an manchen Stellen sogar sehr zurück, um mit am ruhigen, gefühlvollen, fast schon balladenartigen Rockern wie z.B. das sehr sinfonische "Deep peace" einen ausgleichenden Gegenpol zu schaffen. Ein Album voller Extreme, Schönes, wie auch Abstoßendes, stehen hier im wunderbaren Wettstreit.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001