CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Royal Hunt - The mission
(51:55, Frontiers Records, 2001)
Tja, jetzt hatte auch ich meinen ersten Kontakt mit den dänischen Melodic Rockern Royal Hunt und das Gesamturteil fällt dann irgendwie etwas zwiespältig aus, was wahrscheinlich mal wieder an etwas zu großen Erwartungen aufgrund Lobeshymnen von anderen Kritikern liegen mag. Die Fakten: zuerst einmal liest sich die Zahl von bisher rund einer Million(!) verkaufter Tonträger recht imposant, was natürlich hauptsächlich mit dem Erfolg der Skandinavier in Japan zusammenhängt. Verkaufszahlen von denen Progbands nur träumen können, das Publikum für Melodic Rock ist eben doch um einiges größer, als die kleine Proggemeinde. Doch nun zur Musik von Royal Hunt, die nach dem Ausscheiden von Sänger D.C. Cooper mit Artensions ex-Frontmann John West einen durchaus gesanglich recht gut anhörbaren Nachfolger gefunden haben, auch wenn tremolierender Schmettergesang nicht gerade zu meinen favorisierten Gesangskünsten gehört. Hauptsächlich schippern Royal Hunt in sicheren Melodic Rock Gewässern: wunderbare Melodien, die sich im Gedächtnis festsetzen, kraftvolle Arrangements, bei denen Gitarre und Keyboards harmonisch nebeneinander werkeln, ohne die Ohren zu überfordern, aber auch jede Menge moderate Härte und ein Schuss progressiver Bombast, um sich eine eigene Note zu verleihen. Das klingt schon beim ersten Hördurchgang gut durchdacht, aber auch eine Spur zu perfekt, zu arg auf Erfolg getrimmt. Dies soll nicht als Vorwurf für Kommerzialität gewertet werden, sondern mir fehlen irgendwie die überraschenden Momente, die Wagnisse in der Musik. Zudem klingt die Gesamtproduktion sehr höhenlastig, es fehlt an Mitten und richtigen Tiefen. Verpackt in ein Gesamtkonzept, welches Ray Bradburys "Martian chronicles" als Vorbild nahm, bekommt hier der Melodic Rock Fan sicherlich gute Qualität fürs Geld geboten und wird keineswegs enttäuscht. Ich muss aber leider immer mehr feststellen, dass ein Grossteil der heutigen Melodic Rock Produktion mir einfach zu austauschbar, zu ähnlich klingen, auch wenn Royal Hunt objektiv betrachtet sich zweifelsohne aus der Masse herausheben können. Eine interessante Geschichte übrigens noch nebenbei: irgendwie kam mir das Cover recht bekannt vor und siehe da beim Durchwühlen der eigenen Regale: vor rund einem Jahr veröffentlichten Mystery aus Kanada mit dem fast identischen Cover eine CD. Kurze Nachfrage in Kanada, wobei diese mir recht zerknirscht mitteilten, dass der Artwork Künstler seine Idee netterweise zweimal verkauft hatte, und dass ohne Royal Hunt davon in Kenntnis zu setzen. That's showbiz - money rules!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001