CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)

Present - High infidelity
(48:03, Carbon 7, 2001)

Dem Prog Rock haftet schon lange das Etikett "überholt" an, das Genre wirkt auf einen Außenstehenden statisch und präsentiert, seien wir einmal ehrlich, wenige wirklich neue Ideen. In einer Auffassung von (Rock-)Musik als stets innovative Kraft, ist Prog alles andere als progressiv, sondern eben regressiv oder anachronistisch. Zu Risiken und Nebenwirkungen hören sie bitte das jeweils letzte Album von Marillion... Bei solch einem vorschnellem Urteil übersieht man gewiss einen großen Teil der neu gebildeten 'young emerging scene', die sich z.B. in Deutschland, Schweden, den USA und Italien gebildet hat. Man übersieht (vielmehr überhört) aber auch die Außenseiter, Bands wie die belgische Formation Present etwa, die Band um das belgischen Prog-Urgestein Roger Trigaux (Ex- Univers Zero), die mit "High infidelity" ihr bislang bestes Album vorstellen. Ihre polyrhythmische, aggressive, zynische, niemals auszurechnende Musik, hauptsächlich instrumental gehalten, ist bestimmt kein gefälliges Gedudel, Presents Musik ist und bleibt unkalkulierbar, überraschend, selbst nach mehrmaligem Anhören. Die jetzt integrierten Bläser unterstreichen die experimentelle und jazzige Note der Musik, bei Kompositionen wie "Strychnine for Christmas (The truth about Santa Claus)" (hehe, was für ein böser Text) schlägt das Prog-Herz des Rezensenten fröhlich im 7/4 Takt - Prog Rock ist überholt, manieristisch? Völliger Unsinn - die durchgeknallten Belgier von Present sind ihrer Zeit weit voraus und (auch wenn das nicht immer zusammen gehört) großartig. Not for everybody...but for those who love action.

Sal Pichireddu



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