CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)

Nexus - Metanoia
(72:37, Record Runner, 2001)

Auch bei Südamerika lässt sich prima mit Klischees arbeiten, um mal schnell eine grobe Einordnung vorzunehmen. Die Bands aus Brasilien bevorzugen mehr die melodische, oftmals auch recht zuckersüße Variante des Progressive Rocks, während jenseits der Anden in Chile es auch gerne mal etwas deftiger und abgedrehter hergehen darf. Und wohin wird nun Argentinien gestopft? Bezieht man sich auf Nexus, dann liegen deren Ursprüngen irgendwo dazwischen. Vom Neo Prog die Melodien, ein Großteil der Arrangements, aus der 70er Kiste stammen manche Sounds (vor allem die sehr prägnante Hammond), Ideen (ELP lässt mehrfach grüssen) und der Hang Melodik mit Komplexität zu paaren. Doch hinter der Musik von Nexus steckt wesentlich mehr, denn inzwischen dreht sich dieser Silberling zum wiederholten Male hintereinander in meinem Player und die stille Begeisterung wächst mit jedem Durchgang. Um also nicht gleich in endlose Lobhudelei zu verfallen, erst mal die negativen Dinge vorangestellt, die aber alle im Gesamteindruck verschmerzbar sind. Erster Negativpunkt ist der teils unausgewogene Sound, der komischerweise aber nicht immer und in allen Liedern auftaucht. Zudem fallen manchmal die Keyboards mit leicht käsigem, billig klingenden Sounds durch. Bei einem Konzeptalbum mit über siebzig Minuten Spielzeit gibt es selbstverständlich auch ein paar Längen zu überstehen. Aber wie gesagt, alles noch im vertretbaren Rahmen. Wer zudem anglophil vorbelastet ist, bekommt mit Frontfrau Mariela Gonzalez zusätzlich seine Probleme, die meist mit relativ tiefer Stimme, in den ruhigen Passagen auch mal ein paar Töne höher typisch südländisch schmachtet, aber auch voluminös und kraftvoll die Stimmbänder vibrieren lassen kann. Nun aber genug kritisiert, jetzt zu den Erklärungsversuchen, wo denn die eindeutigen Stärken dieses sehr kompakt arrangierten Albums liegen. Ein großer Pluspunkt liegt in der Abwechslung, sowohl in den stilistischen Mitteln, wie auch die sich ändernden Stimmungen. Nexus beherrschen die ganze Palette von ruhigen Balladen voller Pathos und weinerlich-jubilierenden Gitarren, bis hin zu Bombast, mit mächtig Power, Bombast, Tempo und Komplexität. Da gibt es wunderbaren Schmalz voll Temperament, wie auf der anderen Seite fulminante Instrumentalparts mit Breaks und virtuosen Keyboardläufen, gigantischen Gitarren Bombast zum Haareföhnen. Dennoch verliert die Band nie das eigentliche Ziel des Songs aus den Augen. Die Musik groovt, rockt, ohne jegliche Kopflastigkeit. Gitarre und Keyboards wechseln sich in den Soli ab, der Gesang wird über weite Strecken in den Hintergrund gedrängt, um dem Wettstreit der Instrumente nicht im Weg zu stehen. Wie fast jede Band aus Südamerika werden es auch Nexus wahrscheinlich in unseren Breiten wieder mal etwas schwerer haben sich durchzusetzen, doch dass die Band beim amerikanischen Nearfest im letzten Jahr zu den positiven Überraschungen zählte, unterstreicht nur die Qualität dieser argentinischen Band. Deswegen gebt Nexus eine Chance, sie haben es sich wirklich verdient!

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2001