CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Naranja Mecánica - 1993-1995
(62:56, Luna Negra, 2001)
Kuba gehört noch zu den letzten sozialistischen Trutzburgen auf diesem Planeten, bleibt abzuwarten, was dort passiert, wenn ihr greiser Diktator Fidel Castro mal den Löffel abgibt. Doch genug von der Politik, zurück zur Musik. Ganz im Dunklen, fernab in irgendwelchen Kellern, gibt es auch auf Kuba eine Underground Szene, die sich ganz anderer Musik widmet, als dies von der Regierung gern gesehen wird. Über dunkle Kanäle passiert diese Musik den Golf von Mexico, um beim dort ansässigen Label Luna Negra veröffentlicht zu werden. Als siebtes Album aus der "Variaciones en la cuerda" Reihe mit ganz anderen Klängen von der Karibikinsel, gibt es jetzt Aufnahmen von 1993-95, der inzwischen aufgelösten Band Naranja Mecánica. Beim Undergroundcharakter der Klänge (was sich zum Teil ein wenig in der Soundqualität widerspiegelt) aus Kuba bleibt es natürlich schwierig objektiv zu bleiben. Musikalisch geht es hier sehr vertrackt zur Sache, die instrumentale Schiene, allen voran die tirilierende Flöte und filigrane Gitarrenarbeit, klingt mal nach gut anhörbaren Jazz Rock, dann wieder nach Progressive Rock oder R.I.O., aber auch Latin Feeling scheint ab und zu durch. Doch der recht dürftige Gesang, bei dem man gerne mal stimmlich etwas oder auch einfach gleich völlig daneben liegt, rollt einem entsetzt die Fußnägel auf. Weiteres Manko sind die wenig homogenen Kompositionen, die gehörig Potenzial und Können offenbaren, aber einfach zu bruchstückhaft zusammengewerkelt wurden. Einzelne Passagen klingen immer wieder äußerst gelungen und echt mitreißend, vor allem von der Komplexität her sehr fordernd, doch fehlt so etwas wie eine einheitliche Linie. So müssen Naranja Mecánica vor allem auf den Exotenbonus bauen, was wahrscheinlich insgesamt doch etwas zu wenig ist.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001