CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Magenta - Revolutions
(41:11 + 55:35 , F2 Records, 2001)
Verheißungsvolle Vorankündigungen, erwartungsvolle Spannung und die Realität - eine weitere Fortsetzung in dieser unendlichen Geschichte bietet die neue Veröffentlichung auf dem englischen Neo Prog Labels F2 Records. Vollmundig als die beste Veröffentlichung seit Bestehens des Label angekündigt, obwohl man auch Acts vom Kaliber Cyan, The Othello Syndrome, The Fyreworks oder Abel Ganz unter Vertrag hat, ist der Erwartungsdruck natürlich sehr hoch und zu Beginn droht dieses konzeptuelle Doppelalbum - es geht um die vielen Ausprägungen des Begriffes "Glauben" - an den wahrscheinlich viel zu hohen Erwartungen leider zu zerbrechen. Doch bereits beim ersten Anhören merkt man diesem Album an, dass hier offensichtliches Potenzial vorhanden ist und man mit einer anderen Grundeinstellung mit diesem Album mitwachsen kann. Und siehe da, der inzwischen dritte Durchlauf bestätigt immer mehr die Qualitäten von Magenta. Hinter dem Projektnamen verbergen sich keineswegs Unbekannte. Hauptakteur Rob Reed (Gitarre, Keyboards, Bass, Gesang) hat bereits erfolgreich bei Cyan und The Fyreworks mitgewerkelt, als Gäste sind u.a. Schlagzeuger Tim Robinson mit von der Partie, der auch schon für Peter Hammill die Stöcke schwang. Den zweiten Part neben Reed bestreitet Christina, die mit ihrer warmen, sympathischen Stimme in angenehmer Tonlage das Album stimmlich bestimmt. Und genau das ist wahrscheinlich auch die Ursache dafür, dass man "Revolutions" zu Beginn unterschätzt, denn Christina verfügt über eine Tonlage, die sie weder zu auffällig noch zu bestimmend agieren lässt. Die eigentlichen Stärken dieses Albums liegen dann neben den unterschwellig sympathischen Gesangsmelodien, zum Großteil in den Instrumentalpassagen. Jedoch bemerkt Reed bereits im Booklet, dass gewisse Ähnlichkeiten zu Künstlern aus den 70ern offensichtlich beabsichtigt sind. Und so entlockt er seiner Gitarre mal Oldfield Sounds, mal huscht er in Steve Howe Manier über die Saiten, dem Bass wird ein Genesis Lauf herausgekitzelt oder die Keyboards dürfen charmante und bekannte Tonfolgen reproduzieren. So reichen die Anleihen von "Supper's ready" bis hin zu "Awaken", ohne dass die Musik jedoch als schlechtes Plagiat dastehen muss. Trotz erheblicher Songlängen - vier Longsongs mit 19:00, 20:23, 24:56 und 21:48 Laufzeit - wirken die Kompositionen keineswegs überladen oder auf Länge getrimmt. Reed versteht es neben seinem Gespür für gute Melodien immer wieder interessante instrumentale Überleitungen oder Soli einzubauen, die den inneren Spannungsbogen aufrecht erhalten, den Fluss der Songs aber keineswegs zum Holpern bringen. Die Übergänge sind flüssig, aber dennoch interessant arrangiert, die Soli dienen nie zum Selbstzweck, sondern führen einen Song zu einem dramatischen Ende oder geben ihm die nötige Abwechslung. Trotz der Anlehnungen an die sinfonische Seite des Progressive Rocks der 70er, bekommt die Musik von Magenta auch einen Schlenker Neo Prog mit, was sich im hohen Melodieanteil, den leicht glattgebügelten Harmonien niederschlägt. Um einen Vergleich mit Rob Reeds anderen Bandprojekten zu üben, so stehen Magenta zwischen Cyan und The Fyreworks. Letztendlich bleibt einem "Revolutions" dann doch als ein wirklich gutes bis sehr gutes Album im Gedächtnis haften, dass gerne immer wieder den Weg in den eigenen CD Player findet. Ein prima Geheimtipp für die melodischen Progseiten des Lebens!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001