CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)

Divine In Sight - Sorrow & promise
(74:25, Privatpressung, 2001)

Bereits mit den ersten Sätzen ihres Infoblattes weisen Divine In Sight darauf hin, dass sie als "Spiritual Progressive Art Rock Group" agieren. Dies bedeutet, dass sie christliche Texte mit Progressive Rocks verbinden, wobei sie weder missionieren wollen, noch sich ihr Glaube zu stark als offensichtliche Botschaft hinter den Texten in den Vordergrund stellt. Und so wollen Divine In Sight nicht nur eine Alternative zum Mainstream der christlichen Popmusik bieten, sondern vor allem das allgemeine Prog Publikum ansprechen. Ein Vorhaben, dass ihnen mit "Sorrow & promise" gelingen sollte, denn dieses Album mit deutlichen Wurzeln im 70er Jahre Progressive / Hard Rock, verfügt durchaus über einige Zutaten, die zweifellos den Geschmack des Zielpublikums treffen. Zuerst einmal die gute Nachricht für alle Longsong Fetischisten: "Sorrow & promise" bringt es gerade mal auf drei Titel: den über 12½-minütigen Opener "Black river", das 8½ minütige, sehr an die Mid-70er Rush Phase erinnernde Instrumental "By leaps & bounds", sowie die fast 53-minütige Rock Oper "Sorrow & promise", die sich aber bei genauer Betrachtung in acht, voneinander getrennte Untertitel aufteilt. Nicht nur durch die Triobesetzung und die deutliche Betonung von Gitarre und Bass-Spiel entsteht Verwandtschaft zu Rush, auch einige Riffs, Tempiwechsel und Arrangements erinnern durchaus an das Trio aus Toronto. Doch sind Divine In Sight bei weitem keine Kopie, denn konsequent greifen sich auch auf anderen Nuancen der 70er Jahre zu, besonders das an Chris Squire erinnernde Bass-Spiel setzt einige interessante Farbtupfer. Gitarrist und Sänger Bartholomew Boge verfügt zwar ebenfalls über eine ausgesprochen hohe Stimme, doch intonationssicher drückt er der Musik der Band aus Illinois seinen ganz eigenen Stempel auf. Ein Manko dieser über weite Strecke durchaus ansprechenden Scheibe bleiben die überragenden Melodien oder Passagen, die sich in den Gehörgängen länger fest graben, auch wenn nicht unerwähnt bleiben soll, dass gerade die Gitarrensoli immer wieder für packende Momente sorgen. Die Produktion ist detailverliebt und ausgewogen, doch vermisst man die herausragenden Höhen, die echten Überraschungsmomente, auf Dauer entsteht auch so etwas wie eine gewisse Langatmigkeit, was dem Album so den Weg in den Prog Olymp versperrt. Auch wenn es ab und zu leichte Keyboarduntermalung zu hören gibt, so liegt das Hauptaugenmerk doch auf dem Wettstreit der Saiten und teils mehrstimmig im Studio zusammengefügten Gesangsarrangements. "Sorrow & promise" geht zwar nicht zu den überragenden Veröffentlichungen dieses Jahres, hat aber insgesamt durchaus Aufmerksamkeit verdient, da man diesem Album die Arbeit anmerkt, die in es gesteckt wurde und auch musikalisch ansprechend und professionell aufbereitete Ideen geboten werden.

Kristian Selm



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