CD Kritik Progressive Newsletter Nr.37 (11/2001)
Elton Dean & Mark Hewins - Bar Torque
(52:34, Moonjune, 2001)
Elton Dean, alter Canterbury Veteran (na ja, für die paar Leutchen, die es nicht wissen, sei es hier noch einmal erwähnt, dieser Mann spielte bei den legendären Soft Machine einen nicht unwesentlichen Teil seiner tadellosen Reputation ein) und Mark Hewins, der mit Dean in den 80ern in dem Quartett Soft Heap spielte und schon vorher zahllose Erfahrungen als Improvisator sammelte, legen auf "Bar Torque" ein richtiges Kleinod vor, nahezu uneditierte Improvisationen, die 1992 im London Jazz Café entstanden. Dean präsentiert sich hier als überaus lyrischer Instrumentalist: Kannte man Deans Saxophon bei Soft Machine für seinen freien, aber auch aggressiven Stil, ist sein Spiel auf "Bar Torque" samtweich und angenehm (man verwechsele das bloß nicht mit zuckersüß und trivial, denn davon ist diese Musik weit entfernt). Mark Hewins an der Midi- Gitarre beschränkt sich weitgehend darauf, den richtigen klanglichen Rahmen für Deans Spiel zu bilden, ein Rahmen, der sich stets verändert und somit auch Deans Spiel beeinflusst. Duo-Improvisationen in feinsinniger Wechselwirkung zwischen den Musikern, die man so nicht alle Tage zu hören bekommt. Technisch und musikalisch sind die beiden über jede Kritik erhaben. Es ist schon erstaunlich, zu welchen Ergebnissen solch eine Zusammenarbeit führen kann. Die Soft Machine Hardliner werden mit Sicherheit den fehlenden Biss der Aufnahmen rügen können, doch in Wirklichkeit hat sich Dean (und mit ihm auch Hewins) von der Klangvorstellung Soft Machines verabschiedet, Dean in den 90ern ist nicht Dean in den 70ern und das meine ich im durchweg positivem Sinn und so birgt die Musik auf "Bar Torque" mehr Ähnlichkeit zur Musik der Pat Metheny Group, als zu eben jenen Soft Machine. Dies ist mit Sicherheit keine spektakuläre Scheibe, die die Musikwelt aus den Angeln hebt, vielleicht ist sie noch nicht einmal ein wirklich absoluter Meilenstein in der Diskographie der beiden Musiker (die Erfahrung dieser Duo-Improvisationen allerdings sehr wohl), es ist aber eine wundervolle, jazzige Scheibe, voll wunderschöner Momente. Vielleicht ist das Album deshalb so gelungen, weil es frei von jeder großen Ambition ist - hier wird musiziert, kommuniziert, nicht inszeniert. "Bar Torque" ist auf dem hochinteressanten neuem amerikanischen Label Moonjune erschienen und kann auf der Label-Website problemlos für 15 $ inkl. Shipping & Handling (weltweit!) bestellt werden.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 2001