CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)

Bill Bruford's Earthworks - The sound of surprise
(65:19, DGM, 2001)

Bisweilen sind die Jazz- Eskapaden von Rockmusikern nur die peinliche Offenbarung ihrer technischen Mängel oder ihrer stereotypen Einfallslosigkeit (ich denke da mit Grausen an die Jazz-Experimente von Charlie Watts oder Phil Collins). Bei der Prog-Drummer Ikone Bill Bruford ist das nicht so (wer hätte auch etwas anderes von ihm erwartet), seine Eskapaden in den Jazz sind weit von dieser Peinlichkeit entfernt. So gesehen ist es auch nicht wirklich verwunderlich, was Bruford und die Seinen auf dem neuen Album "The sound of surprise" darbieten. Auch wenn der Albumtitel uns anderes suggerieren will, hören wir einfach gut gemachten Jazz ohne spektakuläre Höhepunkt allerdings. Man könnte kritisch anmerken, dass die Kompositionen nach mehrmaligem Hören ein wenig vor sich hin plätschern, insgesamt ist es ein recht solides, vielleicht allzu braves Album. Musikalisch ist es allerdings wirklich hochwertig. Unverwechselbar bleibt dabei der Sound von Bruford's Schlagzeug. Ansonsten hält sich der Bandleader im Hintergrund, bildet mit Basser Mark Hodgson ein solides Rhythmus-Gerüst für die Solisten Steve Hamilton am Piano und v.a. für den überzeugenden Saxophonisten Patrick Clahar. Dies ist nicht das Album eines Drummers und seines Bandanhängsels, sondern das Album einer träumerisch leicht aufspielenden Band: Jazz für den kommenden Sommer, (ohne in lauwarme Klischees verfallen zu wollen). Dennoch muss man einschränkend hinzufügen, dass dem Album, wie leider allen Bruford / Earthworks-Scheiben, der letzte Biss fehlt. Es ist kaum vorstellbar, dass ein so avantgardistischer Musiker wie Bruford, so wenig Mut im Jazz aufweist. So bleibt es eben nur gut gemachter Akustik-Jazz, bestimmt keine Avantgarde (leider!), aber immerhin auch kein dröger Retro-Jazz.

Sal Pichireddu



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