CD Kritik Progressive Newsletter Nr.35 (05/2001)

Hamadryad - Conservation of mass
(58:02, Unicorn Records, 2001)

Drei unterschiedliche Veröffentlichungen, drei ebenfalls völlig unterschiedlich Bands, doch neben der Gemeinsamkeit bei Unicorn Records eine gemeinsame Heimat gefunden zu haben und der Tatsache, dass man aus dem französisch sprechenden Teil Kanadas kommt, verfügen sowohl AOR / Neo Prog Rocker Mystery, die Jazz Rock Fusion Formation Spaced Out, wie auch jetzt Hamadryad über sehr ansprechende Qualitäten in ihrem jeweiligen Bereich. Hamadryad ist der Zusammenschluss von fünf Musikern unterschiedlichen Alters zwischen Mid 20er bis Anfang 40er, die zum ersten Mal vor mehr als sechs Jahren im Rahmen eine Progressive Rock Tribute Show in Montreal aufeinander trafen. Erst im Frühjahr letzten Jahres kam man schließlich wiederholt zusammen, um der eigenen musikalischen Kreativität in einer gemeinsamen Band freien Lauf zu lassen. Herausgekommen ist dabei eine überzeugende Mischung aus wuchtigem, klassischem Progressive Rock, Hard Rock, verspieltem Folk und Prog Metal im nahtlosen Übergang von den 70ern bis in die heutige Zeit. Zusätzlich verfeinern die Kanadier ihren eigenen Mikrokosmos mit genreübergreifenden Zutaten. Es sind aber vor allem zwei Dinge, die dieses Album besonders auszeichnen: nicht lediglich zum Selbstzweck verkommenes musikalisches Können, welches für ein Gleichgewicht aus beeindruckender Technik und traumhaften Melodien sorgt, sowie der ungebremste Einfallsreichtum gute Ideen in Härte, Virtuosität, Sinfonik, atmosphärische Parts zu packen, aber auch den rechten Drive, den Songaufbau nicht aus den Augen zu verlieren. Aus den instrumentalen Könnern sticht vor allem ein Musiker deutlich hörbar heraus: der Gitarrist Denis Jalbert, der von Schnellfingergefrickel bis hin zu gefühlvollen Saitengeziehe die ganze Palette gitarrentechnischen Könnens sowohl auf der elektrischen, wie auch der akustischen Variante seines Instruments beherrscht. Doch die ebenfalls sehr druckvolle Rhythmustruppe, sowie richtig fetter Hammond-, Mellotronsound und weiche Synthieteppiche sorgen für weiteren Ohrenschmaus. Der äußerst stimmkräftige Jocelyn Beaulieu tremoliert meist in den hohen Lagen, wirkt aber dennoch nicht zu aufdringlich, sondern passt sich bestens in Bandgefüge ein. Interessanterweise sorgt er mit seinen Bandkollegen auch für manch netten Chorgesang, der sogar stellenweise einen Vergleich zu Gentle Giant zulässt. Obwohl "Conservation of mass" ein grundsätzlich härtere Gangart bevorzugt, findet man immer wieder auch Platz für erschlagenden progressiven Bombast, folkloristische Leichtigkeit oder sentimentale Träumereien, dieses Album bietet einiges mehr als gänzlich todgehörte Klischees. Ein absolut lohnenswerter Geheimtipp!

Kristian Selm



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