CD Kritik Progressive Newsletter Nr.34 (02/2001)

Rumple Stiltzken Comune - Wrong >From the beginning
(33:54, Black Rills Records, 1977)

Nun ist sie endlich raus, die schon seit längerem angekündigte Wiederveröffentlichung des einzigen Albums der legendär-skurrilen Schweizer Band Rumple Stiltzken Comune. Das Warten hat sich gelohnt. Wer gerne unbekannte 70er-Juwelen jenseits des Mainstream-Prog entdeckt, wird an diesem Album nicht vorbeikommen. Die sechsköpfige Band übte jeweils in einem abgelegenen Waldhaus und bildete auch eine Art Lebensgemeinschaft (womit der skurrile Name erklärt ist). Das ruft natürlich sofort jene 70er Krautrock-Kommunen wie Amon Düül in Erinnerung. Musikalisch haben RSC jedoch mit den Krautrockern wenig gemeinsam. Aus Chiasso kommend, dem südlichsten Ort der Schweiz, war die Nähe zu Italien für die Band prägender als das, was nördlich der Alpen vor sich ging. Die CD enthält 4 Songs zwischen 7:19 und 9:57 Min. und bringt es somit auf eine Spielzeit von lediglich 34 Minuten, aber diese sind allemal hörenswert. In dieser Musik gibt es viel Überraschendes und Originelles zu entdecken, Vergleiche mit 70er Progrock-Grössen fallen schwer. Die Band wurde zwar immer wieder mal mit Van der Graaf Generator verglichen, was in gewisser Hinsicht zutreffen mag, erinnern doch diverse Keyboard-Einlagen bezüglich Sound und Dynamik an Hugh Banton. Auch in den Arrangements ist manchmal ein leichter VdGG-Einfluss auszumachen, aber damit hat sich's schon. Das Schwerblütige, Düstere und Aggressive von VdGG fehlt hier weitgehend. Es klingt alles ein bisschen sanfter und optimistischer. In dieser Beziehung ist die Musik näher am italienischen Progrock der 70er, aber ohne den Bombast. Am ehesten kommen mir noch PFM als Orientierungshilfe in den Sinn (mit denen RSC mal auf Tour waren und dabei mit einer theatralischen Show mit Kostümen, Pantomimen und allerlei Effekten überraschten). Aber wozu krampfhaft nach Vergleichen suchen? RSC waren zwar deutlich im 70er Progressive Rock verwurzelt, haben aber keine Vorbilder nachgeahmt, sondern einen eigenständigen, individuellen, sehr abwechslungsreichen Prog-Stil entwickelt. Dabei sind alle Instrumente gleichberechtigt, sowohl die diversen Keyboards und Gitarren, die sich immer wieder brillant ergänzen und überraschende Stimmungswechsel erzeugen, als auch das melodiöse Bassspiel (stellenweise dominant wie bei Chris Squire, aber weicher gespielt) und auch das ungeheuer variationsreiche, flexible Drumming. RSC glänzen nicht mit bombastischem Breitwandsound, sondern mit Ideenreichtum und subtiler instrumentaler Umsetzung. Zwar ist die Musik weder besonders komplex noch schwierig zugänglich - sie hat sogar etwas Leichtes, angenehm Fliessendes an sich - und doch muss man sich Zeit nehmen und genau hinhören, um all die feinen Details in dieser Musik zu erfassen. Abstriche müssen nur beim Gesang gemacht werden, der auf Englisch ist und bei dem der italienische Akzent zuweilen etwas gar deutlich zum Vorschein tritt. Ein dickes Lob geht an die Leute von Black Rills Records. Mit ihrem professionellen Remix (in den USA gemacht) haben sie die Soundqualität auf ein Niveau hieven können, das auch heutigen Ansprüchen gerecht wird, ohne jedoch der Musik ihr besonderes 70er Flair zu nehmen.

Georg Oelschläger



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