CD Kritik Progressive Newsletter Nr.34 (02/2001)
Nexus - Detrás del umbral
(73:30, Record Runner, 1999)
Bei Veröffentlichungen aus Brasilien hat man derzeit schon fast die Garantie, dass man relativ harmlose Kost geboten bekommt. Ob nun Asa de Luz, Tempus Fugit, Atmosfera oder sie wie auch immer heißen: Melodisch, neo progressiv mit romantisch, symphonischen Einflüssen passt eigentlich immer als Beschreibung. Ganz anders gehen jedoch zumeist die südlichen Nachbarn aus Argentinien zur Sache: düster, psychedelisch (Mandragora), rockig progressiv (Crucis) oder auch ultrakomplex (Alas) wird sich präsentiert. Wer die Kultur und Seele der Hauptstadt Buenos Aires kennt, versteht, woher diese nicht trivialen Einflüsse kommen. Auch bei Nexus wird man nicht enttäuscht. Zwar brechen die Argentinier weder Rekorde in Sachen Geschwindigkeit noch Komplexität, aber "Detrás del umbral" hat ohne Zweifel Tiefgang. Und das sind die Zutaten: Man nehme 70er-Jahre Art Rock als Grundlage, poliere ihn mit einigen härteren, modernen Passagen auf, hier und da schraube man das Tempo hoch, abschmecken tut man dies mit aggressiven Keyboardgewittern und verbinde die einzelnen Stücke mit einem durchgängigen Konzept und angenehmen weiblichen Gesang in Landessprache. Fertig ist die brisante Mischung! Dabei machen es Nexus dem Hörer nicht leicht. Das Konzeptalbum wirkt beim ersten Hörern wie eine in sich geschlossene Einheit, kein Stück ragt besonders heraus, aber auch keins fällt ab. Man wird jedoch sofort mitgerissen von der unbändigen Energie, die der Musik innewohnt. Stücke wie "Condenados" oder "Tiempo sin razón" sind von solcher Power und Spielfreude, dass man schnell nach der Fernbedienung greift, um lauter aufzudrehen. Aber auch die ruhigen Seiten wie z.B. bei "Sueño infinito" überzeugen durch die schöne Stimme von Sängerin Mariela Gonzáles. Bei jedem Hördurchgang wächst bei mir die Freude an diesem Album. Hoffentlich geben viele dieser Band ihre wohlverdiente Chance.
Meinhard Foethke
© Progressive Newsletter 2001