CD Kritik Progressive Newsletter Nr.33 (12/2000)
Kip Winger - Songs from the ocean floor
(54:52, Frontiers Records, 2000)
Warum fällt mir bei Winger immer nur der schmächtige Typ mit dem entsprechenden T-Shirt aus der MTV Zeichenserie "Beavis und Butthead" ein? Angeblich war diese Schmähung ja nicht der wahre Grund für die Bandauflösung, aber egal, jetzt ist Bandleader und -namensgeber Kip Winger mit seinem zweiten Soloalbum "Songs from the ocean floor" wieder da, wobei er sich u.a. Unterstützung vom ehemaligen Bandkollegen Rod Morgenstein und ex-Danger Danger Gitarrist Andy Timmons holte. "Songs from the ocean floor" ist nun keineswegs einfach nur melodischer Hard Rock mit grandiosen Hooklines, wie man ihn noch bei Winger zu hören bekam, die Songs sind wesentlich atmosphärischer, experimenteller, düsterer, zum Teil schon fast zerbrechlich, versöhnen aber immer wieder durch ihre versteckte melodische Leichtigkeit und sachte, aber sehr gut durchdachte Begleitung. Kip Winger löst sich eindeutig von seiner ehemaligen Band, wer hier also etwas Winger-ähnliches erwartet, wird vollständig enttäuscht sein. Dafür beinhalten die zwölf Titel auf diesem Album Tiefe, Trauer, intensive Gefühle, sogar orientalische Schlenker, zwischendurch sorgen immerhin einige böse Rocknummern für gewollte Energieentladungen. "Songs from the ocean floor" ist die Fortsetzung des Debüts "Thisconversationseemslikeadream", dem man damals ebenfalls Verwandtschaften zu David Bowie, Peter Gabriel und den Beatles attestierte. Ein äußerst interessantes Rockalbum, welches die Klischees beiseite lässt und der Musik, dass gibt, was ihr wirklich einen großen Reiz verleiht: Gefühl und Atmosphäre - auf jeden Fall eine Empfehlung wert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000