CD Kritik Progressive Newsletter Nr.33 (12/2000)

Daniel Gauthier - Above the storm
(57:08, Privatpressung, 2000)

Schon wieder einer dieser Möchtegern-Mike-Oldfields, der in seinem Heimstudio an ambitiösen Eigenkompositionen herumbastelt, dazu allerlei Instrumente selbst spielt und auch noch selbst singt, obwohl nicht gerade mit einer ausdrucksstarken Stimme gesegnet? Was dabei herauskommt, ist doch meistens ziemlich dürftig. Nicht so beim kanadischen Songwriter, Komponisten und Multi-Instrumentalisten Daniel Gauthier. Gauthier, ehemals Bassist der Yes-Tribute-Band Parallels, spielt auf seiner zweiten Solo-CD "Above the storm" neben Bass auch noch akustische Gitarre und Keyboards. Auch für den Gesang sorgt er selbst. Das größte Übel aller Heimstudiowerkler jedoch, die Verwendung von Drumcomputern, vermeidet er klugerweise, stattdessen sorgt Bruno Dubé für lebendig-dynamische Drums, und auch der zweite Gastmusiker, Gaston Gagnon an der E-Gitarre, ist für dieses Album ein Gewinn. Daniel Gauthier überrascht auf dieser CD mit einfachen, eingängigen Songs und subtilen sinfonisch-progressiven Arrangements. Mit sich häufig wiederholenden Akkordfolgen baut er sachte, aber zielstrebig Atmosphäre und Spannung auf. Mal dominiert die elektrische Gitarre, mal die akustische, mal übernimmt Gauthiers runder, melodiöser Bass die Führung, dann wieder folgen repetitive Keyboard-Läufe, während Drums und Bass die Musik temposteigernd nach vorne treiben. Viele der Akkordfolgen erinnern mich von Motiv, Tempo und Dynamik her stark an Eloy ca. Mitte 70er, in selteneren Momenten erzeugen Breaks und Akkordwechsel etwas Yes-Feeling, ebenfalls 70er (überhaupt hatte ich beim ersten Anhören hin und wieder das Gefühl, einzelne Parts so oder ähnlich vor langer Zeit schon mal gehört zu haben... was den Hörgenuss aber keineswegs geschmälert hat!). Der Gesang von Daniel Gauthier ist nicht gerade umwerfend, aber durchaus akzeptabel. In den schlechteren Momenten (z.B. auf "Empty space") hört sich das wie ein etwas müder Neil-Young-Song an, in den besseren erinnert er mich an Pink Floyd-Keyboarder Rick Wrights unaufgeregten, entspannten Gesang auf dessen brillantem Solo-Album "Wet dream", und manchmal gelingen Gauthier durch das Übereinanderlagern von mehreren Gesangsspuren sogar Yes-ähnliche Harmonien. Höhepunkte der CD sind das Titelstück, das instrumentale "Quartet solo" und der abschließende Longtrack "Cross the bridge" (18 Min.). Ein schönes, melodiebewusstes, ausgewogenes und gut produziertes Album eines gereiften Songwriters und Musikers, der sein enormes musikalisches Können mit Weisheit und Maß in den Dienst seiner Songideen stellt.

Georg Oelschläger

Kontakt: Projet Daniel Gauthier, 1120 Fabre, Sherbrooke Qc., J1H 4W4 Canada, oder www.danielgauthier.com

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