CD Kritik Progressive Newsletter Nr.33 (12/2000)
Ezra Winston - Ancient afternoons
(55:39, Rock Symphony, 1990/2000)
Is ja bald Weihnachten, oder? Da geht's ja manchmal auch was beschaulicher zu. Ups, da muss man ja vorsichtig mit sein. Nachher passt der Artikel nicht mehr ins Heft und dann? Also dann: Is ja bald Ostern und da geht's ja ... Für all diese Fälle ist das die richtige CD für alle harmoniebedürftigen unter Euch. Schräg und sperrig sind Fremdwörter gewesen für die Vier aus Italien. Ezra Winston ist Ende der 80er entstanden und sie haben damals im Eigenvertrieb, Prog war ja damals nicht so angesagt, 2 Platten aufgenommen, von denen jetzt hier mit dieser CD die zweite 1990 aufgenommene Platte plus einem unveröffentlichten Bonussong von 1996 vorliegt. Laut Literatur, die mir vorliegt, haben sie sich aber angeblich 1992 aufgelöst. Schade eigentlich, denn ich finde, dass sie mit ihrem getragenen Stil, viel Flöte, viel Einsatz von akustischer Gitarre, schöne erzählerische Stücke im Stil und Soundgewand zwischen älteren Genesis- und Anthony Phillips' "The geese and the ghost" bzw. "Tarka"-Zeit schwankend, eigentlich eine Existenzberechtigung hatten. Der titelgebende Song kommt da schon mal auf satte 26 Minuten und auch sonst lässt man sich mit zehn, neun und sechs Minuten Zeit beim Songaufbau. Da Mauro di Donato auf dieser CD englisch singt und das dem Musikstil angepasst eher ruhig und zurückhaltend, hier fällt mir als Vergleich der Gesang bei Camel ein, der ja auch keine ungeahnten Höhen erklimmt, sondern eher warm im Hintergrund bleibt, sollte auch damit keiner Probleme kriegen. Aldo Tagliapietra von Le Orme taucht als Gast bei Nightstorm auch als Sänger auf. Das einzige, was sich als Manko für einige herausstellen könnte, ist, dass Höhepunkte zu wenig herausgearbeitet wurden und die heutige bombastverwöhnte Proggeneration Ermüdungserscheinungen beim Hören dieser CD bekommt. Ich finde aber, dass es nicht immer die volle Breitseite sein muss. Jedem, der es auch mal ruhiger mag oder nur das richtige Kontrastprogramm sucht, um danach seine heißgeliebte Anekdoten wieder in den Player zu schieben, sei diese CD ans Herz gelegt.
Michael Beckerle
© Progressive Newsletter 2000