CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)

Natural Tension - Haitian holiday
(42:50, Privatpressung, 2000)

Urlaub auf Haiti? Mit Reggaeklängen aus der Karibik haben Natural Tension nichts am Hut, bei ihnen ist die Flucht aus dem Alltag eher von herzhafter Natur. Wuchtiger, kompromissloser Hau Ruck Rock, proggige Verfeinerung durch dynamischen Songaufbau, leichter Crossover-Einfluss, das Quartett aus Atlanta bedient sich munter aus allen Regalen des Supermarktes der Rockmusik. Dominierendes Element des Sounds der Südstaaten Rocker ist vor allem die Gitarre, die die Songs stetig vorantreibt, dabei aber interessanterweise fast vollständig auf irgendwelche Soloeskapaden verzichtet. Die Keyboards bekommen hauptsächlich die Rolle des melodischen Gegenpols zugeordnet, während die Rhythmusgruppe unauffällig, aber gruppendienlich im Hintergrund bleibt. Damit erreicht die Band aus Atlanta einen dichten Gesamtsound. Als weiteres Markenzeichen fällt einem sofort der kraftvolle, fast schon aggressive Gesangsstil von Jeff Crocker auf, der von seinen Kollegen durch gelegentlichen Chorgesang Unterstützung erfährt. Die Vergleiche sind etwas hinkend, aber beim Anhören fiel mir spontan ein überdrehte Version von Cheap Trick bzw. Midnight Oil ein. "Haitian holiday" ist gut produziert und rockt auch richtig gut los, doch fehlt Natural Tension noch etwas Unverwechselbares. Für den reinen Proggie sind sie nicht komplex bzw. fordernd genug, der "normale" Rockhörer wird sich an den manchmal etwas sperrigen Arrangements stoßen. Dennoch ein mehr als ordentliches Debüt, das mehr Richtung Mainstream zielt.

Kristian Selm



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