CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)
Patrick Moraz - Resonance
(60:00, Awaka, 2000)
"Resonance" ist (Nomen est Omen) tatsächlich die Resonanz einer langen, schillernden Karriere, denn der gebürtige Schweizer Patrick Moraz hat eine so aufregende musikalische Karriere durchlebt, dass man sich allen Ernstes fragen muss, was dieser Mann eigentlich noch nicht gemacht hat. Ob als stilprägender Keyboarder bei Refugee oder Yes (oder, weniger überzeugend bei Moody Blues), ob als Opening Act beim Montreux Jazz Festival für Giganten wie John Coltrane und Thelonious Monk, ob als Aushilfspianist von Jacques Brel, ob als klassisch-konservativer Pianist und Schüler von Clara Haskill oder als Interpret moderner Musik in Zusammenarbeit mit Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen - es scheint nichts zu geben, was er nicht gemacht hat, es scheint nicht viel zu geben, was er nicht mit Bravour gemacht hätte. Dennoch ist Moraz nicht unumstritten in der Szene, denn wirklich progressives hat er nur mit Refugee und v.a. bei Yes und dem legendären Album "Relayer" geleistet - der Rest war eher Stückwerk oder geradezu banal. Betrachtet man Moraz als das, was er offenbar ist, ein universeller Musiker nämlich, dann wird man ihm und seinem (musikalischem) Wesen eher gerecht. So trägt sein neuestes Soloalbum "Resonance" alle möglichen musikalischen Einflüsse zusammen und verschmelzt diese zu einem recht abwechslungsreichen, vielleicht etwas unspektakulär gewordenem Album, in dem die Einflüsse von Mozart über Beethoven bis hin zu Keith Jarrett und Chick Corea reichen. Prog in der Tradition seiner Karriere in den 70ern hingegen, wird man auf diesem Album nicht finden - "Resonance" trägt eher die Wurzeln progressiver Musik zusammen, dies gelingt Moraz dann aber auch wirklich überzeugend. Es ist eindrucksvoll, wie er auf "Resonance" die unterschiedlichsten Genres beherrscht, mit ihnen spielt und sie dem Hörer gleichsam zugänglich macht. "Resonance" ist vielleicht, nein, ganz bestimmt kein Prog- Album, es ist erfreulicherweise aber auch niemals banal.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 2000