CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)
Merlin - The Rock Opera
(43:31 + 45:38, Iridea Records, 2000)
Da wurde wieder mal richtig geklotzt. Eine Doppel CD in einer aufwendigen Verpackung mit liebevoll gestaltetem Booklet liefert den optischen Rahmen, 8 Sänger, ein Chor aus 17 Mitgliedern, eine elfköpfige Band (u.a. Musiker von Finisterre und Eris Pluvia) sind für die musikalische Umsetzung zuständig. Das aus zwei Akten bestehende Musical "Merlin" geschrieben von Fabio Zuffanti und der englischen Lyrikerin Victoria Heward, sorgt schon mal durch seine Aufmachung und inhaltlichen Größe für eine gehobene Erwartungshaltung. Anfang Oktober ging diese Produktion in Italien auf Tour, auch für England liegt schon die Anfrage einer Theaterproduktion vor. Imposante Fakten also, doch wie sieht es mit dem Inhalt aus? Wie bei seinen anderen Bands Finisterre und Höstsonaten sucht Zuffanti sein Heil hauptsächlich im Progressive Rock / Hard Rock der 70er mit leichten Schlenkern zum Neo Prog der 80er. Bei dieser Produktion kommt dazu noch jede Menge Folk und vor allem typische Musical Elemente hinzu, was dazu führt, dass "Merlin" zugänglicher, aber inhaltlich auch etwas flacher wirkt. Trotz guter Einfälle und richtig gutem Italo Prog mit Breaks, Bombast und Pathos kann das Niveau leider nicht auf gesamter Spieldauer gehalten werden. Manchmal gleitet die Musik in zu einfache Strukturen ab und klingt mit schmachtvollem Gesang wie Andrew Lloyd Webber für Arme. Auch können nicht alle Sänger die stimmlichen Vorgabe halten, so dass besonders die weiblichen Stimmen etwas zu piepsenden Herz / Schmerz Mausgesang tendieren. Andererseits gibt es auch immer wieder Passagen, vor allem im instrumentalen Bereich, die aufhorchen lassen. Die Solisten, besonders an Keyboards und Gitarre, lassen es ab und zu richtig krachen, der Wakemanfaktor (sprich virtuose Keyboardläufe) wird gesteigert, Dramatik, Komplexität und inhaltliche Schwere verleihen den Klängen Würde und Gehalt. Erstaunlich viel Raum bekommt die akustische Gitarre, die in schrammelnder Rhythmusbegleitung vor allem für den leichtfüßigen folkloristischen Anstrich sich auszeichnet. "Merlin" ist ein Konzeptwerk, welches sicherlich in seiner theatralischen Umsetzung ganz anders wirkt, allein nur die Musik ohne Schauspieler und Bühne hingegen bietet genug Licht, aber auch Schatten, wobei jedoch insgesamt die positiven Eindrücke überwiegen. Ein Werk mehr für die Freunde von Rockopern, die stellenweise eben auch etwas mit Schmettergesang und schmissigen Melodien anfangen können.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000