CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)
Alexandre Maraslis - Spiritual awakening
(46:04, Privatpressung, 2000)
"Spiritual awakening" ist das Konzeptwerk des brasilianischen Keyboarders Alexandre Maraslis, welches vom Engländer Thomas K. Hidden handelt, der nach einem Autounfall im Geiste seine Vergangenheit auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges wiedererlebt, sich an alle die Fehler aus der Vergangenheit erinnert, an einem sinnlosen Krieg mitgewirkt zu haben. Er durchlebt dabei verschiedene Stationen, bis er letztendlich seinen Verletzungen erliegt. Äquivalent zu diesem Thema wechselt die Musik zwischen Ruhe, Hektik und Gewalt. Als Gastmusiker holte sich Alexandre Maraslis noch zwei Gitarristen, sowie einen Percussionist ins Studio, womit das rein instrumentale Werk nicht auf die vielschichtigen, aber auf Dauer auch recht eindimensional wirkenden Klänge der Tasteninstrumente beschränkt ist. Neben elektronischen Gewabber, Atmosphäre schaffender, melodischer Besinnlichkeit, gibt es immer wieder explosionsartige Gefühlsausbrüche, bei denen die Finger wieselflink über die Tasten huschen, aber auch die Gitarrensaiten sehr wuchtig in Schwingung versetzt werden. Im Gegensatz zu vielen gleichklingenden Keyboardalben, hat dieses Werk Tiefgang und wirkt nicht nur wie eine lieblose Aneinanderreihung schlecht aufeinander abgestimmter Ideen, wobei aber im Laufe des Albums Soundteppiche den Überhang gegenüber "gespielter" Musik gewinnen und somit die Musik auch mehr und mehr von ihrer Dichte verliert. Die hauptsächlich vorherrschende Klangfarbe ist dunkel, düster, von der bedrohlichen Stimmung der astralen Wanderung geprägt. Doch zwischendurch klingt in den Klanglandschaften immer wieder Hoffnung durch. Für "Spiritual awakening" muss man sich Zeit beim Zuhören lassen, es ist keinesfalls ein Album, was sich sofort erschließt und sicherlich nicht für jeden genügend Gehalt bietet. Lässt man sich auf diese Fahrt durch Gedanken, dem Übergang zwischen der realen und transzendentalen Welten ein, so erlebt man im Kopf seine ganz persönlich eigene Reise, die je nach Geschmack genügend Spannung oder auch nur Langeweile liefert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000