CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)
Haddad - Orion
(55:05, Rock Symphony, 2000)
Das Brüderpaar Gustavo und Leandro Haddad wird im Vorwort von Leonardo Nahoum, dem Labelboss von Rock Symphony, geradezu über den grünen Klee gelobt. Okay, das haben solche Leute schließlich an sich, denn zum einen stehen sie hinter ihren Produktionen (oder tun zumindest oft so als ob), zum anderen muss ja auch etwas die Werbetrommel gerührt werden. Doch kann solche Lobhudelei auch in die ganz andere Richtung losgehen: die Erwartungshaltung wird ins Unermessliche gesteigert, die Realität sieht aber auf einmal wesentlich unspektakulärer aus. Und genau das passiert bei Haddad, sogar noch schlimmer. Über weite Strecken ist das sinfonische Geklimper noch geradeso einigermaßen auszuhalten - nämlich dann wenn man gerade mit wirklich wichtigen Tätigkeiten wie Staubsaugen oder Abtrocknen beschäftigt ist - doch vor allem der billige Keyboardsound geht einem schon nach wenigen Minuten gehörig auf den Senkel. Wenn dann aber das Brüderpaar wie bei "Far from home" auch noch lustigen Schunkel Prog aus der elektronischen Wundertüte zaubert, dann ist die Peinlichkeitsgrenze wieder mal gehörig unterschritten. Der Drumcomputer hat die Wärme eines geöffneten Kühlschranks, die Tastenläufe die Virtuosität einer eingetrockneten Joghurt nach dem Verfallsdatum, vieles wirkt einfach langweilig im Heimstudio dahingerotzt. Sicherlich, einige Melodien schmeicheln den Gehörgängen, aber zu viel Banalität und inhaltliche Leere machen dem schnell den Garaus. Dieses Album hätte nie den Weg in die Öffentlichkeit finden sollen, Finger weg!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000