CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)

Chroma Key - You go now
(39:05, Massacre Records, 2000)

Hmmmm, hat diese Platte Ihre Berechtigung in einem Magazin, das sich Progressive Newsletter nennt? Mit dem was man gemeinhin unter Prog versteht, hat diese Platte nämlich net soviel zu tun, aber da Ihr Macher früher die Tasten in einer angesehenen Frickel Combo gedrückt hat und die Musik darüber hinaus auch noch echt gut ist, sollte man über den Rundling schreiben. Was bekommt der geneigte Hörer hier also geboten? Die Musik bewegt sich überwiegend in ruhigen Gefilden und ließe sich wohl am besten mit Ambient Avantgarde Trip Hop Pop umschreiben (hat das jetzt jemand verstanden???). Gelegentlich werden Erinnerungen an Bands wie Portishead, Massive Attack oder auch The Gathering wach. Der Meister, Kevin Moore, hat sämtliche Instrumente, außer der Gitarre (hier zupft der mir gänzlich unbekannte David Iscove die Saiten) selbst übernommen und nicht ein weiteres Mal auf die Dienste der Fates Warning Rhythmusknechte Zonder / Vera zurückgegriffen. Die Songs sind größtenteils sehr sparsam instrumentiert und klingen elektronisch, aber keineswegs klinisch tot, sondern sehr lebendig. Wer nach jedem Takt einen Break und ausladende Instrumentalorgien braucht, darf zur nächsten Kritik springen, denn er wird mit dieser Platte eh nix anfangen können. Hier wird eher der Träumer angesprochen. Die Scheibe eignet sich hervorragend dazu sich den Kopfhörer aufzusetzen, sich auf den Balkon zu begeben und den Sternenhimmel anzuschauen. Songs wie das traumhaft schöne "Nice to know", welches durch klasse Gitarrenarbeit und fantastische Keyboardharmonien besticht, nehmen einen mit auf eine Klangreise in eine melancholische, elektronische Welt. Kevin Moores' Gesang ist sehr angenehm. Meist recht monoton, aber sehr passend. Die Musik schafft es Bilder zu erzeugen, die den Hörer fesseln. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll, aber jedes mal, wenn ich diese Platte höre, startet ein Film in meinem Kopf und die Musik ist der Soundtrack. "You go now" ist sicherlich kein Album für jede Gelegenheit, aber es lässt sich wunderbar entspannen bei dieser Scheibe. Einfach hinhocken und seinen Gedanken nachhängen. Jeder der auf elektronische, spartanische und melancholische Mucke steht und dem gewisse Trip Hop und Ambient Einflüsse nicht gleich die Schweißperlen auf die Stirn treiben, sollte der Platte mal eine Chance geben.

Sven Schmidt



© Progressive Newsletter 2000