CD Kritik Progressive Newsletter Nr.31 (07/2000)

Tunnelvision - While the world awaits
(58:00, Rect Angular, 2000)

Ist es nur Zufall, dass die beiden folgenden CDs aus Finnland stammen oder doch eine Fügung des Schicksals sich einfach näher mit dem nördlichsten der skandinavischen Länder zu beschäftigen? Tunnelvision haben sich der härteren Gangart verschrieben, sie verbinden powervolle Riffs, hymnische Melodien und technische Spielereien zur einer ganz eigenen Interpretation von Power und Prog Metal. Auf der Habenseite stehen zum einen eine perfekt aufeinander eingespielte Band, die sich nicht in hohlem Gehacke und inhaltloser Frickelei austobt, sondern ein deutliches Augenmerk auf gute Melodienlinien und griffige Songstrukturen setzt. Dazu besitzt sie mit Sänger Marko Waara genau den richtigen Frontmann, der mit schmachtendem Pathos in der Stimme, aber auch der Power eines typischen Heavyshouters die Band vorantreibt. Zusätzlich gibt es schmetternden Chorgesang vom Rest der Truppe, die somit auch gesanglich ihren Sänger nicht im Regen stehen lassen. Rhythmisch geht es eher geradlinig, nicht zu überladen zur Sache, dennoch bauen die vier Instrumentalisten einige Schlenker und Soli ein, die zwar hauptsächlich melodisch kernig marschieren, doch immer wieder wird auch in den Prog Metal Bereich ausgebrochen. Dabei geht es nie um das Zurschaustellung des eigenen Könnens, sondern vor allem aggressive Keyboardakkorde und bohrende Riffs und Breaks sorgen für andere Höreindrücke. Dummerweise haben aber auch Tunnelvision mit einem Problem vieler Heavybands zu kämpfen. Sie haben sich zwar ihre eigene Nische gesucht, doch es ist eben heute immer schwieriger seine eigene Originalität zu bewahren. Doch gehören die Finnen sicherlich zu den besseren Bands des Genres und werden auch hoffentlich ihren Weg machen, es bleibt jedoch bei dem irrsinnigen und fast schon nicht mehr überschaubaren Überangebot an ähnlich veranlagten Bands abzuwarten, ob sie sich wirklich nachhaltig durchsetzen können. Immerhin gilt es noch positiv zu bemerken, dass im Prog Metal Bereich glücklicherweise endlich wieder die Melodien vor der Technik stehen, denn wer möchte schon auf Dauer nur selbstverliebte Griffbrett- und Tastenfreaks hören?

Kristian Selm



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