CD Kritik Progressive Newsletter Nr.31 (07/2000)

Victor Smolski & The Whiterussian Symphonic Orchestra - The heretic
(41:26, Drakkar Records, 2000)

Zwar ist Metal meets Klassik auf den ersten Blick eine etwas ausgelutschte Idee, es gibt aber immer wieder kleine Meisterwerke, die dieses Experiment rechtfertigen. In dem Konzeptalbum des Rage Gitarristen Victor Smolski geht es um die Thematik der Hexenverfolgung und im Gegensatz zu anderen Projekten bekommt hier das rund 70-köpfige Weißrussische Staatsorchester eine wesentlich tragendere Kraft zugeordnet, denn neben dem Gitarristen, gibt es außer beim Titelsong keinerlei Rockinstrumentarium zu hören. Schweigen die Klassiker, dann vibrieren die Saiten, wenn Smolski entweder Soundeffekte mit Mehrfachecho produziert oder expressive, ziemlich abgedrehte Saitenakrobatik walten lässt. Abwechselnd zu den solistischen Frickelorgien am Sechssaiter, die aber weit davon entfernt sind, nur irgendwelche hohlen Phrasen zu dreschen, sondern sich vielmehr als sehr komplexe Tonfolge präsentieren, sorgt das Orchester für bedrohliche Dramatik, während von den düsteren Geschichten aus dem Mittelalter drei Erzähler (Rage Schlagzeuger Mike Terrana in englisch, Rage Sänger Peavy Wagner in deutsch und Victor Smolski in russisch) berichten. "The heretic" ist mehr in der modernen Klassik verwurzelt, einzig einige Heavy Brachialriffs erinnern daran, dass es sich hier um einen Metalgitarristen handelt. Für diese gruselig-düstere Geschichte aus dem Mittelalter muss man sich Zeit nehmen, denn dieses ambitionierte Werk ist definitiv keine Musik zum Nebenbeihören oder Autofahren. Harter Stoff mit schweren Geschützen, die erst einmal verdaut werden wollen.

Kristian Selm



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