CD Kritik Progressive Newsletter Nr.31 (07/2000)

Jean-Pierre Alarcen - Tableau Nr. 2
(75:20, Musea, 1998)

Mit "Tableau Nr. 2", dem Solowerk des Franzosen Jean Pierre Alarcen bietet Musea dem interessierten Hörer mal wieder ein anstrengendes Hörerlebnis. Alarcen, der früher bei der Gruppe Sandrose aktiv war, hat ein Album geschaffen, dass sich im Grenzbereich zwischen Prog und klassischer Musik bewegt. Die Zutaten: eine Batterie von programmierten Keyboards, unterstützt nur durch ein gelegentlich eingesetztes Piano. Damit ist dann auch schon klar, dass sich hier nur eine wirklich kleine Minderheit angesprochen werden fühlt, denn selbst die Anhängerschaft von Keyboard-Instrumental-CDs im herkömmlichen Stil der Marke Rick Wakeman oder Fans von The Enid werden hier irritiert die Stop-Taste suchen. "Tableau Nr. 2" ist in fünf "Mouvements" unterteilt. Alarcen stellt die Komposition als Kunstform in den Mittelpunkt, diese Form der "Neo-Klassik" wirkt durchdacht und gekonnt. Jedoch lassen sich deutliche Defizite feststellen. Ein rein elektronisch erzeugter Orchestersound ist eben nicht mit echten, lebendig klingenden Streich- und Blasinstrumenten zu vergleichen. Ein "echtes" klassisches Werk ist zudem noch wesentlich komplexer und besteht nicht nur aus ruhigen Sequenzen (z.B. Adagio, Lento, Andante) sondern auch mal aus einem schnelleren Presto oder Allegro. Alarcen bevorzugt eindeutig die ruhigen Passagen, minutenlang werden Töne und Akkorde gehalten oder nur leicht variiert. Somit sind dann 75 Minuten Spielzeit auch einfach zu viel. Hier hätte auch bedacht werden müssen, dass die besten Kompositionen für klassische Orchester in der Regel nicht nur intensiver sondern auch kürzer sind. Besonders das abschließende "5e Mouvement" ist mit 30 Minuten Spielzeit ein Beispiel für solch unnötigen Längen. Es ist mir ein Rätsel, wen Alarcen mit "Tableau Nr. 2" erreichen will. Wer neben der täglichen Zufuhr an Progressive Rock auch an klassischer Musik Gefallen findet, sollte in das schwer verdauliche Werk vor einem eventuellen Kauf zunächst reinhören.

Meinhard Foethke



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