CD Kritik Progressive Newsletter Nr.31 (07/2000)

Ie Rai Shan - Live at Muse
(57:28, Privatpressung, 1999)

Auch in Japan dauert es eben manchmal mit den Veröffentlichungen etwas länger. Das vorliegende Livealbum der ausgezeichneten Sinfonikband Ie Rai Shan wurde bereits 1992 aufgenommen, kam aber erst letztes Jahr auf den Markt. Doch für denjenigen, der auf den typischen Nipponbombast steht, hat sich das Warten gelohnt, auch wenn leider die Qualität des Livemitschnittes etwas blechern klingt und mehr an einen besseren Bootleg erinnert. Trotzdem die Texte bei Ie Rai Shan in Landessprache gehalten sind, ist es nicht unbedingt wichtig diese zu verstehen, denn Emotionalität und Tiefe werden von der ausgezeichneten Frontfrau Naomi sehr gut herübergebracht. Ihre Stimmumfang reicht von leisen Flüstern bis hin zu kräftigem, festen Gesang, womit sie sich schon mal wohltuend von den Fistelstimmen ihrer anderen Kolleginnen abhebt. Leider meint einer ihrer Mitstreiter einmal das Mikrofon an sich reißen zu müssen, was leider von zweifelhaften Erfolg gekrönt ist. Die vierköpfige, männliche Instrumentalfraktion baut darum vielschichtigen sinfonischen Progressive Rock (u.a. mit dabei ex-Mugen Keyboarder Katsuhiko Hayashi, der heutzutage die japanische Mailorder Company Garden Shed betreibt), der Brücke von den 70ern in die 90ern geschafft hat, aber seine Wurzeln nicht verleugnet. Trotzdem die Keyboards sich in den Vordergrund spielen, können dagegen die ausgefeilte Rhythmik und gelegentliche Gitarrensoli bestehen. Dramatische, komplexe Songpassagen wechseln ab mit ruhigen, melodischen Zwischenparts, so dass die innere Balance gewahrt bleibt. Ie Rai Shan präsentieren nicht nur hohlen Bombast, sondern gehörten und gehören(?) sicherlich zu den Top Bands aus Japan. Einzige Wermutstropfen bleibt der Sound, dem der sehr gute Inhalt nicht standhält, da sich der Gesang manchmal überschlägt und auch die Transparenz der Instrumente untereinander nicht immer gegeben ist. Somit Abzüge in der B-Note.

Kristian Selm



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