CD Kritik Progressive Newsletter Nr.30 (05/2000)
Asgard - Drachenblut
(67:58, Dragon's Music, 2000)
Es war einmal vor einigen Jahren eine italienische Band, die sich sowohl textlich, als auch vom Erscheinungsbild teils martialisch, teils mittelalterlich gab und recht schnell vier, zum Teil wirklich gute, sinfonische, härtere Neo Prog Scheiben veröffentlichte. Das vierte Album "Imago mundi" stellte 1993 das sicherlich bisher ausgereiftetste Werk der Band dar und kann sich auch heute noch im Vergleich zu aktuellen Veröffentlichungen sehen lassen. Vollmundig wurde bereits damals das fünfte Studioalbum "Drachenblut" angekündigt und plötzlich wurde es auf einmal recht ruhig um die Band, nur seltene Liveauftritte kündeten von der Existenz. Nach sieben langen Jahren liegt nun endlich die schon lange angekündigte Scheibe vor. In dieser Zeit durchwanderte die Band diverse Line-Up Wechsel, so dass inzwischen nur noch Chris Bianchi d'Espinosa (Bass) und Alberto Ambrosi (Keyboards) die lange Zeit schadlos überstanden haben. Doch musikalisch ist die lange Zeit nicht ganz unbeschadet an der italienischen Band vorbeigegangen. Vieles klingt immer noch typisch nach Asgard: theatralische Sinfonik, härtere Rockpassagen aber auch die scheinbar unvermeidbaren Fanfaren-Keyboards. Dennoch wirken einige anderen Sounds aus dem elektronischen Wunderkasten selten matt und manchmal schon arg billig. Dazu kommt im Gesamteindruck ein zum Teil recht verschwommenes Klangbild, bei dem die Instrumente nur noch übereinander dröhnen, aber keine Einheit bilden. Und wenn schon der Kritikhammer schwingt, der aktuelle Sänger Ivo Gallo kommt keineswegs an das voluminöse Organ des Vorgängers Kikko Grosso heran, auch vermisst man das variable Saitenspiel von Max Michieletto. Doch genug kritisiert, "Drachenblut" hat auch seine interessanten und immer noch guten Momente. Immer dann, wenn die Band sich auf ihre eigentlichen Stärken besinnt, nämlich sparsam atmosphärisch, voluminös bombastisch oder auch akustisch zu musizieren, dann entstehen in den Songs Spannungsmomente. Doch verlieren sich auch einige Kompositionen in zu verschachtelter Dynamik, die die Songs mehr zukleistern, als ihnen zu Volumen zu verhelfen. Die vier Instrumentalisten duellieren sich ausgezeichnet untereinander, doch spielen sie in gewisser Weise auch aneinander vorbei. Wenn sie aber in einer Front marschieren und mit einfachen Akkorden Dynamik und Bombast immer mehr steigern, dann bekommt der mittelalterliche Progressive Rock inhaltliche Konturen und erreicht die Magie von früher. Doch viel zu oft klingt "Drachenblut" nicht nach dem fünften Album einer Band, sondern nach einem Debütalbum, von einer Band, die erst noch auf der Suche nach sich selbst ist. Trotz des reißerischen Titels "Drachenblut" fließt bei diesem Album bestenfalls rot gefärbtes Wasser. Warten wir auf "Ragnarokkr", Album Nr.6, dass vielleicht Asgard wieder auf den richtigen Weg bringt.
Kristian Selm
Kontakt: Dragon's Music, Am Forstamt 18, 83486 Ramsau, Tel/Fax: 08657 / 919957
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