CD Kritik Progressive Newsletter Nr.30 (05/2000)

Alas - Pinta tu aldea
(58:55, PRW, 1977)

Irgendwann müssen doch mal alle Archive der 70er durchstöbert sein?! Doch ein Ende scheint noch lange nicht in Sicht. Und wenn immer wieder solche Perlen, wie dieses mal das zweite Album der argentinischen Formation Alas ausgegraben werden, dann macht es natürlich Sinn weiterzuforschen. Bereits das namenlose Debüt von 1976 erschien vor einigen Jahren bei PRW, der Nachfolger "Pinta tu aldea" wurde letztes Jahr mit zwei Livetiteln versehen, ebenfalls vom brasilianischen Label wiederveröffentlicht. Trotz der Triobesetzung mit Gustavo Moretto (Keyboards, Flöte), Pedor Aznar (Bass) und Carlos Riganti (Schlagzeug) sind die Argentinier bei Leibe kein simpler ELP-Clone. Alas schaffen den Brückenschlag zwischen sinfonischem, klassisch angehauchten Progressive Rock und verspieltem Jazz Rock, wobei erstaunlicherweise auch noch einige Tango(!) Elemente ihren Platz finden. Die rein instrumentalen, epischen Titel haben allesamt orchestralen Charakter, leben aber vor allem von der inhaltlichen Dynamik und der grandiosen Instrumentenbeherrschung. Mal streichelt Gustavo Moretto sanft über die Fender Rhodes, dann legt er breite Synthesizerteppiche aus oder drückt verzückt-virtuos die Handharmonika. Fingerfertige Bassläufe, wilde Taktmuster, auch die Rhythmustruppe trägt ihren Teil dazu bei, dass dieses Album nicht eindimensional klingt, obwohl Keyboards und Flöte eindeutig die bestimmenden Instrumente sind. Neben dem südamerikanischen Flair gelingt Alas der perfekte Übergang zwischen Klassik und Jazz Rock. Alt und neu rücken zusammen, "Pinta tu aldea" klingt immer noch zeitgemäß, auch wenn diese Scheibe mittlerweile schon über 23 Jahre seit ihrer Aufnahme hinter sich hat.

Kristian Selm



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