CD Kritik Progressive Newsletter Nr.30 (05/2000)
Tempano - Childhood's end
(56:53, Musea, 1999)
Da lege ich allen möglichen Prog-Freunden und Schreiberlingen diese tolle Album nahe, und was passiert ? Keiner hat es, keiner schreibt drüber. Stattdessen befiehlt mir Cheffe unter Androhung der Streichung meiner monatlichen Promo-Ration, dass ich drüber schreiben soll. Das Argument, das bisher immer ausreichte, nämlich dass ich bereits fürs Empire besprochen habe, zieht diesmal auch nicht. Cheffe kann gnadenlos sein! Im Prinzip könnte ich also auf die Empire-Kritik verweisen, denn an meiner Einstellung hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert (jawohl, ich habe diese CD auch nach der Besprechung für die Konkurrenz noch mehrfach gehört - das sagt ja wohl einiges). Also noch mal: im Wesentlichen ist "El fin de la infancia" ein Instrumentalalbum. Zum Einstieg gibt es zwei kurze Titel, in denen Gastmusiker Peter Peijtsik am Cello dominiert - kein Wunder, dass dies nach seiner ungarischen Band After Crying klingt. Danach betreten die fünf Venezuelaner Neo Prog Gefilde, wobei speziell "Sin ritorno", auf dem Gitarrist Pedro Castillo auch als Sänger (in Heimatsprache) fungiert, zu erwähnen ist. Hier erinnert er mich mit seinen Gitarreneinlagen übrigens stark an Now's Vincent Fis. Nach einem eher unauffälligen Titel folgt dann der obergeniale, 24-minütige Titelsong, auf dem so ziemlich alles geboten wird, was das Progherz höher schlagen lässt: tolle Keyboards, klasse Gitarre, einfallsreiche Percussion, mal symphonisch, mal leicht skandinavisch-abgedreht, mal jazzig, mal klassisch - ein unglaublich abwechslungsreicher Titel, der von mir klar die maximale Punktzahl erhält. Der Song ist so gut, dass der nachfolgende Titel automatisch etwas abfallen muss. Zum Ausklang gibt es mit "En la via" dann noch ein heiter-beschwingtes Stück, das dieses beeindruckende Album beschließt. Tolle, wirklich interessante Musik - aber auf mich hört ja eh keiner.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2000