CD Kritik Progressive Newsletter Nr.30 (05/2000)

La Tulipe Noire - Shattered image
(63:20, Musea, 2000)

Dass man sich bei seinen Vorbildern musikalisch bedient, ist ja nichts Neues. Aber dann auch noch das Logo und Artwork dermaßen offensichtlich fast bis ins letzte Detail abzukupfern, lässt schon auf ein gewisses Maß an Ideenarmut und seelenloses Plagiat schließen. So wurde das Logo der griechischen Band La Tulipe Noire eindeutig vom alten Marillion-Logo abgeleitet und das Cover sieht dem Stil eines gewissen Mark Wilkinson, der bis 1987 die Cover von Marillion entwarf, ebenfalls nicht sehr unähnlich. Wahrscheinlich möchte man damit eindeutig darauf hinweisen, wohin es musikalisch geht. Und man wird nicht enttäuscht, es handelt sich selbstverständlich um melodischen Neo Prog, der den Vorbildern aus den 80ern nachäfft, aber natürlich nicht an sie herankommt. Glücklicherweise hat sich aber das Quintett aus Athen gegenüber dem 1997 erschienen Erstlingswerk "In the gates of dream" gesteigert, was vor allem zwei menschliche Gründe hat. Durch das Ausscheiden der ehemaligen Sängerin Lena und des Schlagzeugers George F., hat man glücklicherweise die schlechtesten Musiker der Gruppe ausgetauscht, denn Nachfolgerin Ima und Nick Kassavetis werten den Sound doch erheblich auf. Aber auch die Kompositionen klingen wesentlich mitreißender, als dies noch beim Vorgänger der Fall war. Dazu kommt noch ein Konzept, welches vom Rückblick eines jungen Mannes auf sein Leben handelt, der schließlich vom Gedanken des Selbstmordes wieder zu seiner ursprünglichen Lebensfreude zurückfindet. Musikalisch bewegt sich die Band auf gewohntem Terrain, neben atmosphärischen Keyboards und einigen netten Tastenläufen, juchzt auch die Gitarre in den höchsten Tönen. Songstruktur, Breaks und Dynamiksprünge hat man auf diese Art auch schon bei vielen anderen Neo Prog Bands gehört, wobei das Resultat bei La Tulipe Noire sicherlich über weite Strecken in Ordnung geht, da es sich auf ordentlichem Niveau bewegt. Wirkliche Überraschungen oder emotionale Ausbrüche bleiben aus, insgesamt gehören La Tulipe Noire somit mehr zur zweiten Garde. Dennoch bietet "Shattered image" seinem Zielpublikum eine angenehme Stunde Unterhaltung und das ist ja immerhin auch etwas.

Kristian Selm



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