CD Kritik Progressive Newsletter Nr.2 (01/95)

The 3rd And The Mortal - Tears laid in earth
(66:30, Voices Of Wonder, 1994)

Wer schon immer mal die passende Musik für einen Selbstmord kaufen wollte, liegt bei dieser Scheibe genau richtig. Schon Gruppenname und Titel der CD sind Programm. Genau so stelle ich mir die Totengesänge der Wikinger vor. Hier wird depressive Untergangsmusik erster Güte geboten. Aber genug der Klagen, denn diese Gruppe bietet wirklich mehr. Nach der Veröffentlichung ihrer EP "Sorrow" liefern die sechs Norweger mit "Tears laid in earth" ihren ersten Longplayer ab. Allein an der Besetzung mit drei Gitarristen erkennt man, wohin die Richtung dieser Musik geht. Es handelt sich um schwerfälligen, leicht progressiven Gitarrenrock, der vor allem durch langsame Heavy Gitarrenriffs geprägt wird. Damit das Ganze nicht zu düster wirkt, gibt es als Kontrapunkt den wirklich glockenklaren und sehr hohen Gesang von Sängerin Kari Rueslåtten. Gerade die Mischung aus melancholischem Arrangements und sehr schönem Gesang macht für mich den Reiz dieser Musik aus. Zwar ist die Grundstimmung der Musik eher dunkel und eignet sich somit erstklassig für neblige Herbsttage, aber sie bietet so viel Abwechslung, dass die CD mit einer Gesamtzeit von über 66 Minuten anhörbar bleibt. Die Lieder sind in Englisch gesungen, daneben gibt es auch zwei kurze Lieder in norwegisch. Wem nur schöne Melodien gefallen, dem ist diese Platte zu trostlos, andererseits bietet sie dem reinen Liebhaber von richtigem Heavy Rock nicht genügend Aggressivität. Wer so wo ich, aber bereits ist, nicht in reinen Schubladen zu denken, um sich mal auf etwas Neues einzulassen, dem könnte diese Gruppe aus dem Randbereich des Prog Rocks eine willkommene Abwechslung bieten.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1995