CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)

A Tribute to Captain Beyond - Thousand days of yesterdays
(63:55, Record Heaven, 1999)

Man kann eben nicht alles kennen. Bei Captain Beyond musste ich erst einmal passen, aber wozu gibt's denn schließlich das Internet! Deswegen ein kleiner Exkurs in die Bandgeschichte von Captain Beyond: die Band existierte von 1971 - 1977, veröffentlichte insgesamt drei Alben, spielte u.a. zusammen mit King Crimson, Wishbone Ash, Ike & Tina Turner und wird als eine der treibenden Kräfte für progressiven Hard Rock in Mischung mit Jazz Rock Fusion gesehen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Bobby Caldwell (Schlagzeug, ex-Johnny Winter Band), Rod Evans (Gesang, ex-Deep Purple), Lee Dorman (Bass, ex-Iron Butterfly) und Larry "Rhino" Rhinehart (Gitarre, ebenfalls ex-Iron Butterfly). Da ich also zugegebenermaßen die Originalversionen der einzelnen Stücke nicht kenne, hilft ein Blick ins Booklet dieses Tributealbums, wo behauptet wird, dass sich einige Künstler sehr nah am Original bewegen, andere wiederum den Stücken eine völlig neue Eigendynamik abgewinnen. Insgesamt wurde das komplette erste, namenlose Album von Captain Beyond aus dem Jahre 1972 neu eingespielt. Während die ersten vier Titel von Pentagram, Rise And Shine, Standarte und Lotus noch mächtig heavy progressiv, aber recht eindringlich losrocken, es bei Standarte immerhin schon etwas abgespacter zur Sache geht, haben die Flower Kings "Raging river of fear" in ihrem typischen eigenen Stil völlig neu interpretiert. Keyboards und psychedelische Gitarre lassen den Song zu einem schwebenden Trip auf fast zehn Minuten Länge reifen. The Quill bringen dann das Album wieder zurück auf die Hard Rock Schiene, der Sound geht aber auch schon recht deutlich Richtung Space Rock. Die finnischen Five Fifteen setzen diesen Trend fort und haben sich zur Unterstützung gleich nach ex-Hawkwind Nik Turner mit ins Boot geholt. Hammond, treibende Beats und natürlich das Saxophon von Nik Turner sorgen für ein weiteres Highlight dieses Tributealbums. Locomotive Breath klingen dann schon fast nach Jimi Hendrix und umschließen mit "I can't feel nothing" (Part 1 + 2) gleich drei Titel von Zello. Die Schweden kommen ja bekanntermaßen ohne Gitarristen aus, was natürlich der sehr gitarrenlastigen Musik von Captain Beyond einen völlig neuen Charakter verleiht. Doch Geige und Keyboards lassen hier nichts vermissen, und geben den Stücken den typischen Zello (=Kansas) Sound. Voll Schwung und Energie, einfach hervorragend. Als Bonustitel gibt's von Orchid Leaves und ZoomlenZ mit "Starglow energy" (sparsam akustisch, aber mit viel Gefühl) bzw. "Sweet dreams" (ein träger, aber intensiver Blues) zwei Titel von den anderen beiden Studioalben Captain Beyonds, sowie von Qoph und Abramis Bramis zwei in schwedisch gesungene nochmalige Interpretationen vom Debüt. Insgesamt ist dieses Album eine schöne Zeitreise zum Hard Rock der 70er, jetzt heißt es sich natürlich auch mal das Original zu besorgen, um besser vergleichen zu können.

Kristian Selm



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