CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)
Machiavel - Virtual sun
(56:56, Musea, 1999)
Auch die alten Haudegen sind immer wieder für Überraschungen gut. Nach längerer, schöpferischer Pause, erfolgreicher Reunion und mehreren Tourneen melden sich Machiavel mit einem neuem Studioalbum endlich plattenrechnisch zurück, welches es wirklich in sich hat. Die Band, die außerhalb Belgiens nur einen Insiderstatus genießt, im eigenen Land aber immer noch mühelos die kleinen und mittleren Hallen füllen, schlägt auf "Virtual sun" eine deutlich düstere, intensivere Gangart ein. Das hat nichts mehr mit den fröhlichen, von New Wave inspirierten Alben der frühen 80er, aber auch nur noch wenig mit den sinfonischen Meisterwerken der 70er zu tun. Doch "Virtual sun" ist keineswegs eine Enttäuschung, sondern Machiavel präsentieren sich trotz deutlichem Rockeinfluss und straighterem Songaufbau unverwechselbar, dramatisch und sehr variabel. Die Sounds nehmen den Retrogedanken der 70er auf, die Belgier führen diese Rückschau aber in die heutige Zeit. Leider kommen die Keyboards, trotz eines sehr guten Tastenmannes (Hervé Borbé, ebenfalls Mitglied bei Now) viel zu kurz, aber der atmosphärische Unterbau aus Synthie-, Piano- und Mellotron-Sequenzen verleiht der Musik Tiefe und Ausstrahlung. Der glatzköpfige Sänger Mario Guccio setzt die gesanglichen Glanzpunkte, während vor allem Gitarrist Thierry Plas mit messerscharfen Riffs oder heulenden Akkorden die instrumentalen Akzente setzt. Der mutige Schritt auf "Virtual sun" sind in andere musikalische Terrains vorzuwagen, darf als überaus gelungen bezeichnet werden und ist von Erfolg gekrönt. Für die Anhänger der 70er, gibt es mit "All around the world" ein hörtechnisches Wiedersehen der 'alten' Machiavel, ansonsten geht es schon fast skandinavisch-melancholisch unterkühlt zu ("Until the end", "Down on my knees"), Nummern im Unplugged Gewand ("Dirty hands", "Mary's dream"), wie natürlich auch richtige Abgehrocker mit Wiedererkennungswert dürfen ebenfalls nicht fehlen ("The rumour" klingt irgendwie sehr verdächtig nach Led Zeppelins "Rock & Roll"). Mit Machiavel ist wieder zu rechnen!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000