CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)
Aquelarre - Brumas
(43:46, Sony Music Argentina, 1974)
Was? Argentinien spielt nicht nur bei der Weltmeisterschaft im Fußball 'ne Rolle (jedenfalls für die Statistik), nee, jetzt gibt`s auch noch was für die Ohren der ausgehungerten Proggies aus dem Land der blau-weiß-gestreiften Lederjäger. Na ja, das frischste ist dieser Output schon mal nicht, aber wenn Sony der Meinung war, das Ganze auf CD noch mal rauszubringen, sollte man ja wenigstens ein Ohr riskieren, auch wenn's ein glatter Generationssprung ist. Also, ich jedenfalls hab noch nie was von dieser Gruppe gehört und weiß dementsprechend auch nicht, ob es weitere Veröffentlichungen dieser Band gab. Meine Rock-Records-Schwarte gibt jedenfalls genauso wenig her wie das CD-International-Telefonbuch. Der originale Tonträger wurde um die Songs einer 73er Single erweitert auf diese CD gebrannt und man merkt dieser Veröffentlichung das Erscheinungsjahr schon deutlich an. Die Herren Emilio Del Guercio an der akustischen Gitarre und am Piano, Rodolfo Garcia am Schlagzeug, Hugo Gonzalez Neira an der Orgel und Hector Starc an der Gitarre haben mit ihrem Werk auf jeden Fall eine Berechtigung, in einem Progressivrockmagazin besprochen zu werden. Also erst mal, woran erinnert mich diese Musik: das erste, was mir in den Sinn kommt, sind alte Italiener wie Dalton oder Delirium, die noch die alten Sounds draufhaben, gewisse einfachere Songelemente zu eigen haben, aber trotzdem schon mit den damals neuen (da haben wir`s wieder) progressiven Strukturen wie Breaks und Komplexität zu arbeiten wussten. Die zweite Reminiszenz, die mir durch den Kopf geht, ist die kanadische Band Harmonium, obwohl Aquelarre nicht ganz so harmoniesüchtig zu Werke gehen und die Sprache (sollte spanisch sein, oder doch portugiesisch?) sich ja auch unterscheidet. Aber singen können sie, und das alle! Drei verschiedene Leadvokalisten, wer hat das schon? Auf alle Fälle kommt das Sessionfeeling bei dieser CD rüber, was ich persönlich gerne mag. Das Aufgenommene hat was Rohes und Ungeschliffenes und birgt manchmal auch eine gewisse Lagerfeuerromantik. Die zusätzlich aufgenommenen Singlesongs sind qualitativ vollkommen gleichwertig und insofern eine Bereicherung zum Albummaterial. Für mich birgt diese Aufnahme den Charme der 70er verbunden mit einer Menge Gefühl für Gesang, ohne im Schmalz z.B. der Sagrado-CDs zu versinken. Als Fazit bleibt, dass jeder, der wie ich ein Faible für die 70er hat, vorzugsweise Alt-Italiener hört, die Gelegenheit (wenn sie sich denn ergibt ! - Danke Frank!) nutzen sollte, sich das mal anzuhören.
Michael Beckerle
© Progressive Newsletter 2000