CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)
Gordon Giltrap - Visionary
(53:06, La Cooka Ratcha, 1976)
Gordon Giltrap - Perilous journey
(54:07, La Cooka Ratcha, 1977)
Gordon Giltrap - Fear of the dark
(72:78, La Cooka Ratcha, 1978)
Gordon Giltrap gehörte dereinst in den 70ern zu den gefragtesten akustischen Gitarristen in der progressiven Rockszene, zumindest in England, wo er auch beim Publikum einige Erfolge aufweisen konnte, als er mit Bands wie Caravan, Renaissance und Wishbone Ash tourte. Nun werden seine Alben endlich auf CD (samt Bonustracks) veröffentlicht. Das Album "Visionary", mehr oder minder inspiriert von den Werken des engl. Dichters, Malers und Kupferstechers William Blake (1757 - 1827) ist dabei ähnlich mystisch, dunkel und geheimnisvoll wie die Vorlagen selbst, Giltraps Gitarre verzaubert, ohne kitschig zu werden, sie erzählt, sie interpretiert, sie improvisiert, sie malt Bilder - die Begleitcombo hochgradig bestückt, komplettiert ein rundum gelungenes Album. Keine Musik, die sich spektakulär in den Vordergrund rückt, aber eine, bei der es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Und bestimmt die wohl interessanteste, überzeugendste Einführung in seine wunderschöne Klangwelt. Der Nachfolger der so exquisiten "Visionary", das Album "Perilous journey" geriet leider bei weitem nicht so spannend. Die Arrangements sind käsiger, deutlich ist hier nun der Einfluss der degenerierten Pop- und Rockszene Ende der 70er Jahre in England zu hören. Wenn man diese Scheibe hört, dann wird einem klar, warum die progressive Rockmusik Mitte / Ende der 70er Jahre so weit im Kurs des Publikums und der Kritiker gesunken war. Wirklich ein Album, dass man getrost auslassen kann. Selbst einige interessantere Kompositionen können über das nicht einmal mäßige Gesamtbild des Albums hinwegtäuschen. Sicherlich ein Tiefpunkt in der Discographie Gordon Giltraps und nur für eingefleischte Fans zu empfehlen. Und selbst die sollten an diesem Album zu knabbern haben. Nur ein Jahr nach dem katastrophalem Ausrutscher von "Perilous jounrney", präsentiert sich Giltrap kompositorisch und produktionstechnisch auf "Fear of the dark" deutlich erholt. Die käsigen, trivialen und nervigen Arrangements sind zum Glück verschwunden, stattdessen wird wieder solide gearbeitet. Vielleicht trägt auch die Ähnlichkeit zum düster-mystischen Konzept des Meisterwerks "Visionary" dazu bei, dass bei diesem Album Giltrap & Co. wieder fast zur alten Klasse gelangen. "Fear of the dark" ist für all jene das richtige Album, die akustischen Gitarren- Prog mögen oder die von "Visionary" nicht genug bekommen können. Fazit: Den entzückten Rezensenten (und Hörer) kann es nur freuen - Gordon Giltrap in dieser guter Verfassung ist allemal eine Entdeckung wert (essentiell in seinem Oeuvre bleibt freilich nur "Visionary"). Der Ausrutscher sei ihm verziehen.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 2000