CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)

Eulenspygel - 2
(39:30, Garden Of Delights, 1971)

Die aus dem schwäbischen stammenden Eulenspygel gehörten zu den Vorreitern der deutschsprachigen Rockmusik. Anfang der 70er war es noch recht ungewöhnlich in deutsch zu singen, da dieses Privileg eigentlich nur den Schlagerfuzzies vorbehalten war. Intercord gingen damals das Wagnis ein, nahmen die Band unter Vertrag und so wurde im Herbst 1971 in den legendären Studios in Maschen bei Hamburg das Debüt "Eulenspygel - 2" aufgenommen. Die ungewöhnliche Zählweise ergibt sich aus der Tatsache, da man die Band als Fortsetzung der Royal Servants sah, bei der einige Bandmitglieder zuvor gespielt hatten. Mit einem für damalige Verhältnisse recht hohen Werbeetat von 20.000 DM wurde die Platte auch entsprechend promotet. Mehr zur Bandgeschichte in dem bei Garden of Delights wie immer vorbildlichen Booklet. Das doch etwas geschmacklose Cover sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Eulenspygel musikalisch den ausländischen Bands durchaus Paroli bieten konnten. Die teils langgedehnten Instrumentalteile führen die Klänge immer wieder in psychedelisch gefärbte Welten. Die Orgel quietscht fidel, die Gitarre schwebt in fremde Regionen und Flöte, sowie Geige sorgen für zurückhaltende Farbtupfer. Daneben bringen sich aber ebenfalls Hard Rock, Blues Rock und Folk in progressiver Verschmelzung ein. Aus heutiger Sicht wirken manche Texte natürlich sehr oberlehrerhaft ("Du musst kaufen, kaufen, kaufen, kotzt Dich das nicht an?"), damals waren sie aber als Anklage an die Gesellschaft gedacht, weswegen auch die deutsche Nationalhymne leicht verfremdet kurz intoniert wird. Doch gleicht sich dieser Schwachpunkt daraus aus, dass die Instrumente die Oberhand behalten. Eulenspygels erste LP dokumentiert in ansprechender Weise den Aufbruch der deutschen Rockmusik in die Eigenständigkeit, zur Findung der eigenen Identität.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2000