CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)

SBB (Szukay, Burz, Buduj) - Follow my dream
(46:06, Spiegelei Intercord 1978 / Koch International 1997)

Wie man an der Einleitung schon sehen kann, ist hiermit ein Reissue eines vor fast 20 Jahren erschienenen Albums der polnischen Band SBB auf dem Prüfstand. Da gerade mit Collage, Quidam, Abraxas aber auch Lizard jede Menge polnische Bands Liebhaber in unseren progressiven Breiten gefunden haben, habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass einer ein paar Worte über das polnische Prog-Urgestein SBB verliert. Das ist ja, wie wenn man die ganze Zeit über englischen Neo Prog redet und dann weder ein Wort über Pendragon oder Marillion verliert. Diese Keimzelle progressiver Soundelemente ist es wert, mal näher beschrieben zu werden und wenn ich noch lange warte, sind die CDs nicht mehr lieferbar und weiß der Kuckuck was. Also - SBB, das war ein Trio. Jozef Skrzek an den Tasten, Apostolis Antymos an den Saiten und Jerzy Piotrowski an den Klöppeln und das, soweit mir bekannt, war die ganze Zeit über so. Ich habe mir mit Absicht mal das fünfte Album rausgefischt. Erstens, weil's typisch für SBB ist und zweitens, weil's, soweit überhaupt vorhanden, englische Vocals hat, damit sich keiner wegen drei Worten polnisch rausreden kann, er hätte keine Lust sich das anzuhören. Was zeichnet SBB also aus, dass das Album nach zwanzig Jahren noch hörenswert erscheint? Der in diesem Album zur Vollkommenheit ausgearbeitete eigene Sound, der kaum Vergleiche zu anderen mir bekannten Bands zulässt. Da es aber nicht ohne geht: Mir fallen als erste Assoziationen Santana-Sessions mit floydigem Sound ein. Das Album hat ganze zwei Titel und das ist schon mal typisch; der eine "Going away" 24:01 Minuten lang und der zweite "Follow my dream" bringt's auch noch auf 22:05 Minuten. Beide haben je 4 Parts, die aber keinen Bruch in den Songs entstehen lassen. Der Gesang spielt kaum eine Rolle und bleibt immer im angenehmen Bereich. Die Keyboards übernehmen den dominierenden Part und sorgen für einen warmen weichen verspielten Klangteppich (gerade wegen dem Sound an Happy The Man erinnernd), in den sich genauso harmonisch, aber spielerisch die Grenzen auslotend die Gitarre einbettet. Das Schlagzeug leistet ganze Arbeit - super abgemischt. So schafft das Trio es, ohne ELP-Anklänge (die man von der Besetzung her vermuten könnte) die Aufmerksamkeit über die gesamte Songlänge zu binden, ohne die träumerischen Elemente zu vernachlässigen. Schräge jazzige Songelemente sucht man bei SBB vergebens. Jeder, der aber ein Faible für improvisatorische, sich entwickelnde eigentlich instrumental ausgerichtete Songs hat, die nicht nach 5 Minuten zu Ende sind und auch nach 10 Minuten noch spannend sind, sollte diese CD testen.

Michael Beckerle



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