CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)
Zenobia - October
(70:15, Privatpressung, 1999)
Uwe Haaß kündigt seine neue Band mit folgenden selbstironischen Worten an "Gerade mal zwei Jahre ist es hier, dass sich Tea For Two aufgelöst hat, da droht schon neues Unheil am Musikhimmel." Das Unheil nimmt mit Zenobia Gestalt an, ist aber nun doch nicht grausam, wie man schon mal vorsichtshalber vorgewarnt wurde, obwohl manche Passagen sicherlich noch etwas wackelig und ungestüm wirken. Zenobia stammen aus Berlin und bestehen aus Frank Hoyer (Gesang) Alexander Fischer (Gitarre), Steffen Rohr (Keyboards), Uwe Haaß (Bass, Stick),und Thorsten Kuhrasch (Schlagzeug). Sie stopfen sich freiwillig gleich selbst in die Schublade Progressive Rock, wobei man aber dennoch deutlich differenzieren sollte. Aus dem Progressive Rock haben sie sich bei den sinfonischen Elementen, den ausladenden Kompositionen, den wechselhaften Stimmungsbildern bedient. Die Grundlage liefert aber deutlicher Rockeinschlag, die Rhythmen sind eher schnörkellos, die Gesamtstimmung melancholisch, von einer getragenen Schwermütigkeit. Gitarre und Keyboards streuen hier und da mal ein Solo bei, welches in neo-progressive Richtungen tendiert, deutliches Augenmerk liegt jedoch auf der Songidee, die solistischen Ausflüge haben sich dieser unterzuordnen. Das dreigeteilte "Falcon" versprüht atmosphärischen, folkloristischen Charme, beim fast dreizehnminütige "Only for the moment" beweist die Band, was sie sowohl an Variationsmöglichkeiten, wie auch bei Tempowechseln draufhat. Ruhige und schnellere Passagen wechseln sich ab, der Spannungsbogen wird durch Abwechslung über den ganzen Song gehalten. Dies gelingt nicht immer. So ist z.B. der Opener "Rocking chair" bis zur Hälfte zu träge, bevor ein sinfonischer Schlussteil mit mehr Esprit den Song beschließt. Das Highlight der CD ist jedoch der Titelsong, der über weite Strecken sehr ruhig bleibt, aber mit einem getragenen Schluss-Solo an Gitarre und Stick wirklich den Song wunderbar ausklingen lässt. "October" gehört in das obere Mittelfeld der progressiven Debüts aus Deutschland, wobei Zenobia mehr auf Altbewährtes zurückgreifen, als sich in gewagten Experimenten auszutoben.
Kristian Selm
Kontakt: Uwe Haaß, Wilsnacker Str.32, 10559 Berlin
© Progressive Newsletter 1999